Fußballfans und Polizei: Reden statt prügeln

Ultrafans, Wissenschaftler und Polizisten diskutieren über Fankultur und den Abbau von Feindbildern. Man will sich im Diskurs annähern, so das Fazit der Tagung.

Die Polizei und der Fan: von jeher ein nicht einfaches Verhältnis. Bild: ap

KARLSRUHE taz | Manchmal wirkt es auf Fußballfans schon beruhigend, wenn sie wissen, warum die Polizei was tut, warum sie bei der Anreise zu einem Spiel einen Ausgang eines Bahnhofs sperrt, oder wenn man weiß, wie dick und lang die Stangen der Fahnen sein dürfen - dann lässt sie der Fan notfalls daheim. Solche Information im Vorfeld können helfen, sagt Tom Beck. Er ist Vorstand des Vereins Supporters Karlsruhe, bei dem 3.200 Fans des Karlsruher SC Mitglied sind. Das grundsätzliche Problem, weswegen sich in Karlsruhe vergangene Woche drei Tage lang Fußballfans, Polizisten und Wissenschaftler aus Deutschland und Frankreich trafen, lässt sich so aber nicht lösen.

Eingeladen hatten die Daniel Nivel Stiftung, die Fifa und der Deutsche Fußball-Bund zum Dialog: "Fußballfans und Polizei - Abbau von Feindbildern".

Nötig hats der deutsche Fußball. Erst am Freitag hatte das Innenministerium in Baden-Württemberg Zahlen veröffentlicht, nach denen in dem Bundesland die Straftaten rund um Fußballspiele in der vergangenen Saison um über 50 Prozent zunahmen, die Belastung der Polizei stieg um 70 Prozent, immer mehr Beamte würden verletzt. Gleichzeitig beschweren sich in ganz Deutschland Fans über die Polizei: über Einkesselung an Bahnhöfen, über Massenkontrollen, über eine opulente Datei des Bundeskriminalamtes, die über 10.000 "Gewalttäter im Sport" umfasst. Vor allem die Zusammenstöße außerhalb der Stadien hätten sich verschärft, sagte der Sicherheitsbeauftragte des DFB, Helmut Spahn, gestern in Karlsruhe.

"Ein zartes Pflänzchen ist nun gepflanzt", sagte der Soziologe Gunter Pilz zu den Ergebnissen des dreitägigen Gedankenaustauschs. Die Einladungen an die Fans gingen an alle dem DFB bekannten Fanorganisation, ausgesucht hat sie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte, es kamen Vertreter aus ganz Deutschland. Besonders Vertreter der Ultras, ein besonders fanatischer und lauter Teil der Fankultur, werden in der Szene durchaus schräg angeschaut, wenn sie sich mit der Polizei treffen, hieß es.

Die ersten Erkenntnisse waren von verblüffend grundsätzlicher Natur: Beide Seiten wünschen sich mehr Verständnis und Respekt, beide teilen im Grunde die gleichen sozialen und moralischen Werte. Drei Arbeitsgruppen ersonnen "Utopien" für die Zukunft: Stadien ohne Polizeipräsenz, was es teilweise in Deutschland bereits gibt, Arenen, in denen Fans die Verantwortung für die Sicherheit im eigenen Block übernehmen. In französischen Stadien gibt es Versuche, den Fans bengalische Feuer zu erlauben, wenn sie kontrolliert abgebrannt werden. Wichtigster Punkt waren regelmäßige Treffen zwischen Fangruppen und Polizei auf regionaler Ebene - dort, wo man sich sonst nur anonym im Stadion gegenübersteht.

Guido Passaro, Einsatzleiter der Polizei bei Heimspielen des VFB Stuttgart, berichtete von guten Erfahrungen mit einem direkten Handykontakt während des Einsatzes mit Fanbeauftragten des gastierenden Vereins. Derartiges ließe sich regelmäßig machen. Konkret heißt das: Der Polizeiassistent gibt direkt an Fanvertreter durch, warum die Polizei gerade wo welche Maßnahmen ergreifen muss. Die Fans wiederum wünschen sich vor allem einheitliche Standards bei Fußballspielen, die bundesweit eingehalten werden. Zwar gibt es vom DFB einheitliche Vorgaben. Dennoch ist es für Fans frustrierend, dass in jedem Stadion andere Sicherheitsauflagen herrschen. Der Fußball-Bund will die Vorschläge der Gruppe nun weiter ausarbeiten und regelmäßige derartige Treffen veranstalten.

In Frankreich scheint das Problem noch gravierender: Dort ist die Kommunikation zwischen Polizei und Fans mangels Fanorganisationen noch schwieriger.

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