Bildungsstreik in Berlin: Bildungssenator demonstriert für Bildung

500 Demonstranten belagern das Büro von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Der sucht das Gespräch mit den Schülern und Studenten und stimmt in den Sprechchor ein.

Demonstration am Potsdamer Platz Bild: ap

Ein absurdes Bild: Umringt von 500 Schülern und Studenten steht Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) und stimmt in den Sprechchor ein. "Bildung für alle, und zwar umsonst", ruft er zaghaft ins Mikro und hebt die Hand in die Luft. Immerhin dafür bekommt er Applaus von den Demonstranten, für die meisten anderen seiner Statements wird er ausgebuht. Einige besonders Wütende beschimpfen ihn als "Lügner" und "reichen Schnösel".

Völlig überraschend stellt sich der Bildungssenator am Freitagnachmittag den Demonstranten, die über eine halbe Stunde vor seinem Büro in Mitte ausgeharrt haben. "Wir wollten, dass er rauskommt und mit uns allen redet", sagt die Schülerin Paula Rauch, eine der Organisatorinnen des Bildungsstreiks. Sie glaubt zunächst nicht daran. Kurz bevor sie die Spontandemo beenden will, kommt er dann doch und greift unter heftigen Pfiffen zum Mikro. "Es ist wichtig zu zeigen, dass Bildung für alle einer der wichtigsten Zukunftsfaktoren ist. Notfalls auch durch Demos", ruft Zöllner in die Menge. Die Diskussion solle aber fair bleiben. Er weist darauf hin, dass viele Forderungen des Bildungsstreiks in Berlin schon erfüllt seien. "Wir haben keine Studiengebühren, und das wird so bleiben. Dafür setze ich mich ein", verspricht Zöllner.

Für seine Äußerungen über "andere illusorische Forderungen" und seine Lobeshymne auf Bachelor- und Masterstudiengänge erntet der Senator wütende Reaktionen. Nach zehn Minuten verabschiedet er sich. "Ich muss wieder an die Arbeit, sonst wird das alles nichts mit den Veränderungen", sagt Zöllner.

Die Schüler und Studenten haben zu diesem Zeitpunkt schon einiges an Protest hinter sich. Am Mittag wollten sie die Kultusministerkonferenz in Tiergarten blockieren. Zu blockieren gab es dort allerdings nichts. Die Länderminister hatten ihre Tagung am Abend zuvor schon kurzfristig beendet. "Die haben Angst vor uns", erklärte sich das Paula Rauch. Die 500 Protestler zogen anschließend mehr als eine Stunde in einer Spontandemo über den Potsdamer Platz zur Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung nach Mitte. Friedlich führten sie immer wieder Sitzblockaden auf Kreuzungen durch, skandierten wild hüpfend "Geld für Bildung statt für Banken" und tanzten zu Protestklassikern wie "Keine Macht für niemand".

Parallel zur Aktion vor dem Haus von Bildungssenator Zöllner besetzen am Nachmittag bis zu acht Studenten die Finanzverwaltung in Mitte. "Sie gingen in ein leeres Büro im zweiten Stock und hielten Reden an die Demonstranten auf der Straße. Nach einer Stunde haben sie das Gebäude freiwillig verlassen", sagt ein Behördensprecher. Von einer Besetzung will er nicht sprechen. Die Aktion bleibt für die Studenten daher folgenlos.

"Ich glaube, wir haben viele Studenten, die sonst stumpf in die Uni gehen, für die Probleme, die uns betreffen, sensibilisiert", resümiert Studentin Sarya Ormeloh, die jeden Tag bei Aktionen dabei war. Sie hofft, dass das alles nur der Anfang einer neuen sozialen Bewegung war.

Bildungssenator Zöllner im Sprechchor mit Schülern und Studenten

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.