Interview: Migranten in die Medien: "Wir fordern mehr Vielfalt"

Die Berichterstattung über MigrantInnen muss sensibler werden, sagt die Journalistin Rana Göroglu.

taz: Frau Göroglu, warum braucht es die "Neuen Deutschen Medienmacher", warum spezielle Fortbildungen für migrantischen Mediennachwuchs?

Rana Göroglu: Es hat sich in den letzten Jahren in der Debatte über die Darstellung von Migranten in den Medien, den Umgang mit Themen wie Migration und Integration und die Einbindung von nichtdeutschen Kollegen schon etwas getan. Wir wollen uns in diesen Prozess einmischen, denn auf der Entscheiderebene in Politik und Medien gibt es viele Lippenbekenntnisse. Wir sehen uns als eine Art zivilgesellschaftliche Instanz, die das kritisch begleitet. Wir sehen uns als selbstverständlichen Teil dieser Gesellschaft, und gerade im Bereich Migration und Integration spielen die Medien eine ganz besonders wichtige und verantwortungsvolle Rolle.

Was verbindet Sie?

Ein Grund, warum wir uns zusammengetan haben, sind natürlich ganz bestimmte Erfahrungen, die die meisten von uns gemacht haben, und bestimmte Stereotype, die uns selber entgegengebracht werden und denen wir in der Berichterstattung begegnen. Rund ein Viertel der Bevölkerung hat einen sogenannten Migrationshintergrund. Bei den Journalisten ist es grob geschätzt nur jeder Fünfzigste. Man kann natürlich hoffen, dass sich die Verhältnisse im Laufe der Zeit schon von selbst ändern werden. Aber das halten wir für naiv.

Was sind konkrete Inhalte des Vereins?

Wir fordern mehr Vielfalt in der Personalpolitik und der Berichterstattung. Wir setzen uns für eine kultursensiblere, realitätsgetreuere, differenziertere Berichterstattung ein. Der Einstieg in Medienberufe hängt oft von persönlichen Kontakten ab. Deshalb halten wir es für wichtig, Nachwuchsprogramme zu unterstützen. Der erste Schritt wäre eine Sensibilisierung der Medienschaffenden und Entscheider selbst. Viele Stereotype haben sich eingeschliffen. Man muss sich erst mal bewusst werden, wie man berichtet und warum.

Welche Rolle spielt Ihr Hintergrund bei Ihrer Arbeit?

Ich habe mich als Journalistin anfangs überhaupt nicht mit Migrationsthemen befasst, es hat auch kein Hahn danach gekräht, dass ich Rana Göruglu heiße. Es war vielleicht eher ein Vorteil in dem Sinne, dass man etwas aus der Masse hervorsticht. Später habe ich dann angefangen, mich mit Migrationsthemen zu befassen. Aber das wollte ich auch so.

Sie waren also nie die Migrantin vom Dienst?

Der Schritt von den Mainstreammedien zu Radio Multikulti war schon einer in die Nische. Aber das hatte einfach arbeitsmarktbedingte Gründe. Solche Programme haben selbstverständlich eine Berechtigung, aber als Journalist mit Migrationshintergrund ist man dort in einer Nische.

Welche Vorurteile begegnen JournalistInnen mit Migrationshintergrund?

Ein ganz großer Klassiker ist, wie leicht man mit türkischem Namen zum Islam-Experten wird. Das kann, muss aber nicht automatisch zutreffen. Wir möchten, dass die Menschen mit ihren Kompetenzen wahrgenommen werden. Es wäre etwa sinnvoll, als Auslandskorrespondenten Kollegen einzusetzen, die die nötigen Sprachkenntnisse haben und nicht auf Übersetzer angewiesen sind. Andererseits ist es blöd, wenn man seiner Wurzeln wegen auf ein bestimmtes Thema festgelegt wird. Es gibt ja auch Kollegen nichtdeutscher Herkunft, die gern über Renten- oder Steuerpolitik berichten wollen. Ein anderes Problem in den Redaktionen ist, dass über Migrationsthemen oft nur in Problemkontexten berichten wird. Dabei werden migrantische Mitarbeiter benutzt, um ihrer eigenen Community ans Bein zu pinkeln.

Was empfehlen Sie Nachwuchskräften?

Ich würde ihnen sagen, dass der Weg nicht leicht ist, man durch einen nicht nur deutschen Hintergrund aber auch Vorteile hat, etwa aus der Masse heraussticht. Und dass sie für ihre besonderen Kompetenzen eintreten sollen. Das sind Qualitätsmerkmale.

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