Einbürgerung von Migranten: Deutscher Pass nicht gefragt

2008 gab es 16 Prozent weniger Anträge auf einen deutschen Pass als im Jahr zuvor. Migrationsforscher Bade glaubt, mit der Doppelten Staatsbürgerschaft wären die Zahlen höher.

Der deutsche Pass: Nicht gerade das begehrteste Stück Papier. Bild: dpa

Die Anzahl der Einbürgerungen ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. 2008 erhielten 94.500 AusländerInnen einen deutschen Pass, das waren gut 18.600 oder 16 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Nur einer von 45 Ausländern, die die Bedingungen erfüllen, habe sich für den deutschen Pass entschieden, berichtete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag.

Lässt man die Spätaussiedler außen vor, die bis 1999 in die Statistik eingerechnet wurden, war der Höchststand im Jahr 2000 mit der Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts. Damals wurden 186.700 Menschen eingebürgert, nahezu doppelt so viele wie im vergangenen Jahr.

Deutscher werden kann, wer seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt, nicht straffällig geworden ist, eine Überprüfung beim Verfassungsschutz übersteht und seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Seit einigen Jahren muss ein schriftlicher und mündlicher Sprachtest, seit 2008 auch ein bundesweit einheitlicher Einbürgerungstest absolviert werden.

Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig: Zum einen war im Jahr 2000 die Zahl der Einbürgerungen besonders hoch, weil nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts mehrere zehntausend Kinder, die in Deutschland geboren sind und deren Eltern lange hier leben, die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten. "Das ist eine statistische Verzerrung", sagt der Migrationsforscher Klaus J. Bade. Nach der sogenannten Optionsregelung müssen die Betroffenen spätestens an ihrem 23. Geburtstag einen der beiden Pässe abgeben. Auch die Osterweiterung der EU habe in einem Nebeneffekt zum Rückgang der Einbürgerungen geführt, so Bade. Spätaussiedler und ihre Familienangehörigen müssten heute nicht mehr Deutsche werden, um einreisen zu können. Auch den neuen Sprachtest, den Ausländer vor der Einbürgerung bestehen müssen, hält Bade für einen Grund (siehe unten). Besonders ausschlaggebend aber sei eine Fehlentscheidung der Politik, sagt Bade: "Mit der doppelten Staatsbürgerschaft hätten wir das Problem nicht." Nun müsse für den deutschen Pass geworben werden. "Ein paar warme Worte reichen da nicht."

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), erklärt den Rückgang zumindest teilweise mit Verzögerungen bei der Bearbeitung der seit September 2008 eingeführten Einbürgerungstests. Nicht alle Behörden und Volkshochschulen seien darauf vorbereitet gewesen, so Böhmer. Ähnlich argumentiert auch das bayerische Innenministerium, wo die Zahl der Einbürgerungen um 24 Prozent gesunken ist. Höher ist der Rückgang nur in Mecklenburg-Vorpommern (minus 41 Prozent) und Hamburg (minus 31 Prozent), leichten Zuwachs gibt es nur in Sachsen-Anhalt (plus 5 Prozent) und im Saarland (plus 1 Prozent).

Etwas anders äußert sich der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet. "Wir müssen dringend bürokratische Hindernisse überwinden und unsere Einbürgerungskampagne intensivieren", so der CDU-Politiker.

Die meisten Eingebürgerten, ein Viertel, stammten 2008 wie in den Jahren zuvor aus der Türkei. Danach folgen Menschen aus dem ehemaligen Serbien-Montenegro und seinen Nachfolgestaaten (7,3 Prozent) und aus Polen beziehungsweise dem Irak (je 4,4 Prozent). Eine Zunahme gegenüber 2007 war lediglich bei den Einbürgerungen aus dem Irak mit einem leichten Plus von 3 Prozent zu verzeichnen. Am stärksten zurückgegangen ist die Zahl der Einbürgerungen von Menschen aus der Ukraine (minus 56 Prozent) und der Russischen Föderation (minus 40 Prozent).

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