Bremer Tatort "Tote Männer": Sex, Lügen und Selbstkasteiungen

Ein bisexueller Famlienvater gerät in Erklärungsnot, als ein toter Stricher aus der Weser gezogen wird. Leider lenken uninspirierte Verdachtsmomente vom emotionalen Zentrum des Krimis ab.

Leon Hartwig (Felix Eitner) kann nicht glauben, dass seine Frau (Fritzi Haberlandt) ihn für einen Mörder hält. Bild: Radio Bremen/Hoever

Lügen und Geheimnisse an allen Beziehungsfronten: Kommissar Stedefreund (Oliver Mommsen) geht nach einer durchfeierten Nacht mit der Tochter von Inga Lürsen (Sabine Postel) ins Bett. Weil er den One-Night-Stand vor der Chefin verheimlichen will, kann er ihr nicht von dem Einbruch erzählen, den er kurz vorher beobachtet hat.

Der bisexuelle Elektriker Leon Hartwig (Felix Eitner) trifft sich in der gleichen Nacht mit einem Stricher – und hat bald alle Not, den Seitensprung vor seiner schwangeren Frau (Fritzi Haberlandt) geheim zu halten. Der Liebesdiener treibt am nächsten Morgen tot in der Weser. Wenig später steht die Polizei vor Hartwigs frisch renoviertem Eigenheim.

Stedefreunds Schäferstündchen und Hartwigs schwule Eskapade, der Einbruch und der Mord – das alles ist in dieser Bremer Tatort-Episode fatal miteinander verzahnt. Je mehr die Akteure diese Verbindungen zu leugnen versuchen, desto stärker treten sie zu Tage.

Sprachlosigkeit, Klaustrophobie und mörderische Beziehungskonstellationen sind die großen Themen des Tatort-Duos Jochen Greve (Buch) und Thomas Jauch (Regie). Eine besonders scheußliche und eine besonders schöne Episode aus Bremen haben die beiden Filmemacher schon um diesen Komplex gebaut: Das brachiale Blutbad „Die Liebe der Schlachter“ aus dem Jahr 2003, in der sich ein Metzgerpärchen mit Filettiermesser und Kotelettaxt aus dem Zwangskorsett ihrer Ehe schneidet und das von der Bild-Zeitung nach Ausstrahlung zum Skandal erhoben wurde. Zum anderen die stimmungsvolle Elegie „Stille Tage“ von 2006, wo die Weserstadt im dichten und lautlosen Nebel vermeintlich friedlich vor sich hin döst.

In dem Tatort „Tote Männer“ nun, in dem es ein weiteres Mal um Selbstverleugnungen und Selbstkasteiungen geht, haben Greve und Jauch Elemente aus den beiden Bremer Vorgängern vereint. Die Mischung könnte perfekt sein - wäre die zweite Hälfte des Psychodramas nicht so sehr den starren Regeln des Täterrätsels unterworfen worden. Denn am Ende werden recht uninspiriert Verdachtsmomente aufgebaut, um die Knobelfreunde unter den Zuschauern bei Laune zu halten.

Das lenkt leider vom emotionalen Zentrum des Krimis ab. Von dem ehrenwerten Handwerker Hartwig, der seiner Frau ein wunderbares Nest gebaut hat – und seiner uneingestandenen Liebe zu Männern trotzdem nicht abschwören kann. Welch tragische Wucht sich doch einstellt, wenn Eitner und Haberlandt diese Szenen einer simulierten und trotzdem anrührenden Ehe spielen.

Tatort "Tote Männer" (ARD Sonntag 20.15)

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