Kriminalobermeister Kurras: Ein deutsches Doppelleben

Bei der Stasi wurde der Westberliner Polizist seit 1965 unter dem Decknamen "Otto Bohl" geführt.

Der SED-Mitgliedsausweis des Westberliner Polizeibeamten Karl-Heinz Kurras. Bild: ap

BERLIN taz | Wer mich angreift, wird vernichtet. Aus. Feierabend. So ist das zu sehen." 2007, kurz vor seinem 80. Geburtstag, unterhielt er sich mit Uwe Soukup für ein Porträt in der taz und betonte, er könne in seinem Verhalten keinen Fehler erkennen: Karl-Heinz Kurras, der am 2. Juni 1967 den unbewaffneten Studenten Benno Ohnesorg erschoss.

Kurras wird 1927 in Ostpreußen als Sohn eines Polizeibeamten geboren. 1944, mit 16 Jahren, meldet er sich freiwillig zum Kriegsdienst und macht noch das Notabitur. An der Front verwundet, kommt er nach Berlin, wo er nach Kriegsende als Verwaltungsangestellter arbeitet und sich 1946 als Wahlhelfer betätigt. Wegen antisowjetischer Propaganda verurteilt man ihn zu 25 Jahren Zwangsarbeit - nach drei Jahren in Sachsenhausen wird er begnadigt und tritt in den Dienst der Westberliner Polizei.

Fünf Jahre später will er in die DDR übersiedeln. Die Abteilung IV der Berliner Stasi überzeugt ihn, zu bleiben, und führt ihn ab 26. April 1955 unter dem Decknamen "Otto Bohl" als Inoffiziellen Mitarbeiter. 1959 wird Kurras Kriminalobermeister.

Nach dem Todesschuss am 2. Juni 1967 behauptete er fälschlicherweise, er habe in Notwehr gehandelt: "Ich bin umringt worden, von allen Seiten umringt", zitiert ihn der Prozessberichterstatter Gerhard Mauz 1967. Kurras wird in drei Instanzen freigesprochen. "Er ist ein Mann, der dient dem Staat, weil dieses Dienen ihn selbst schützt, ihm seinen Platz gibt. Die Dinge, wie sie sind, sind für ihn immer besser als neue Dinge", schreibt Mauz in seinem Text von 1967.

Nach der letzten Verhandlung 1971 kommt Kurras in den Innendienst der Polizei, 1987 geht er in Rente. Heute lebt der 82-Jährige in Berlin-Spandau. Aus seiner Umgebung verlautet, nach einem Unfall sei sein Gesundheitszustand sehr schlecht. BOE

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