Weg vom Mehrweg: Flasche leer

Eigentlich sollte das Pfand auf Einwegflaschen das umweltfreundliche Mehrwegsystem stärken. Passiert ist das Gegenteil. Schuld daran: die Discounter und die unzureichende Kennzeichnung.

Umweltpolitisch war das Flaschenpfand sinnlos, sozialpolitisch aber wertvoll: Denn für die Einwegflasche aus Plastik bekommen Pfandsammler das meiste Geld, 25 Cent. Bild: dpa

Sie haben denselben Inhalt, bestehen aus demselben Material, haben ähnliche Formen, kosten beide Pfand und werden beide wieder zurückgegeben, oft sogar am selben Automaten: Einweg- und Mehrwegflaschen für Getränke sind für viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht zu unterscheiden. Selbst vielen aufgeklärten Konsumentinnen und Konsumenten sind die Kennzeichnungen für die unterschiedlichen Flaschen oft nicht bekannt (siehe Kasten).

Dieses Logo ist ausschließlich auf Mehrwegflaschen zu finden. Egal ob aus Glas oder Plastik: Es weist darauf hin, dass die Flasche nach der Rückgabe wieder gefüllt wird. Vorgeschrieben ist es nicht, doch immer mehr Hersteller setzen es zu Werbezwecken gut sichtbar ein. Mehrwegflaschen haben – abhängig von der Größe – ein Pfand von 8 oder 15 Cent.

Einwegflaschen mit Pfand sind an diesem Logo zu erkennen, das immer unmittelbar über dem Strichcode auf der Flasche steht. Oft schreiben die Hersteller zudem „Pfandflasche“ aufs Etikett. Ein expliziter Hinweis, dass es sich dabei um eine Einwegflasche handelt, ist nicht vorgeschrieben. Das Pfand liegt einheitlich bei 25 Cent.

Dieses Logo findet sich auf Einwegflaschen, die wie Mehrwegflaschen in wiederverwendbaren Kisten angeboten werden. Die Kisten werden gesondert, also nicht am Einwegautomaten, zurückgegeben.

Das Pfand auf Einwegflaschen, das seit dem Jahr 2003 erhoben wird, hat den gewünschten Effekt - nämlich das umweltfreundliche Mehrwegsystem zu stärken - nicht erreicht. Statt den in der Verpackungsverordnung angestrebten 80 Prozent werden mittlerweile weniger als die Hälfte der Getränke in wieder befüllbaren Mehrwegflaschen verkauft.

Während der Mehrweganteil beim Bier durch das weitgehende Verschwinden der Dosen auf über 85 Prozent gestiegen gestiegen ist, gab es bei allen anderen Getränken durch den Boom von Einwegflaschen aus Plastik einen Einbruch der Mehrwegquote. Bei alkoholfreien Erfrischungsgetränken ist sie nach jüngsten Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Jahr 2008 unter 27 Prozent gefallen. Im Jahr 2003 lag dieser Wert noch bei 55 Prozent.

"Früher war das Pfand das stärkste Unterscheidungskriterium zwischen Einweg und Mehrweg", sagt Günter Birnbaum von der GfK im Gespräch mit der taz. "Das ist durch das Einwegpfand entfallen." Zudem verstärke der generelle Trend zu Discountern den Absatz von Einwegflaschen, weil diese meist gar keine Mehrwegflaschen anböten.

Vertreter der Getränkeindustrie und Umweltschützer appellierten am Donnerstag an die Politik, den Trend zum Einweg zu stoppen. Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbands der privaten Brauereien, kritisierte die häufig fehlende und bisweilen sogar falsche Kennzeichnung der Flaschen: "Wir brauchen eine eindeutige Kennzeichnung, was Einweg und was Mehrweg ist", sagte Demleitner. "Nur dann können die Kunden eine bewusste Entscheidung treffen."

Der Handel will dies mit einer neuen Werbekampagne unter dem Motto "Mehrweg ist Klimaschutz" unterstützen. Darüber hinaus fordern die in der "Allianz für Mehrweg" zusammengeschlossenen Verbände angesichts der Dumpingpreise von Discountern, Einwegflaschen zu verteuern. "Wir brauchen zusätzlich zum Pfand eine Lenkungsabgabe auf Wegwerfverpackungen", sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Diese sollte bei mindestens 20 Cent pro Einwegflasche liegen. Eine noch weitergehende Lösung, nämlich das Verbot von Einwegflaschen, scheitere bisher an der Europäischen Union.

Der Vorsitzende des Verbands des Deutschen Getränkeeinzelhandels wies darauf hin, dass die weitere Verbreitung der Einwegflaschen neben der Umwelt (siehe unten) auch Arbeitsplätze bedrohe. Für Abfüllung und Vertrieb über Discounter würde 80 Prozent weniger Personal benötigt als beim mittelständisch dominierten Mehrwegsystem.

Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht mittlerweile Handlungsbedarf. An einer verbesserten Kennzeichnung für Einweg- und Mehrwegflaschen werde bereits gearbeitet. Die entsprechende Verordnung, bei der keine Beteiligung des Bundestags erforderlich ist, werde das Umweltministerium "in Kürze" erlassen, "auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode", sagte der Sprecher des Ministeriums, Thomas Hagbeck, der taz. Weitergehende Maßnahmen sind vor der Wahl hingegen nicht mehr geplant. Erst nach einer Überprüfung des Einwegpfands im Jahr 2010 werde entschieden, ob eine Abgabe auf Einwegverpackungen möglich und nötig sei. Ebenfalls geprüft werde eine Pflicht für alle Händler, auch Mehrwegflaschen anzubieten.

Den Grünen dauert das zu lange. "Man kann nicht bis 2010 zusehen, wie die regionalen Strukturen zusammenbrechen", sagte die umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl. "Wenn die einmal weg sind, kommen sie nicht wieder." Dass die vom damaligen grünen Umweltminister Jürgen Trittin verantwortete Verpackungsverordnung bei einem weiteren Absinken der Mehrwegquote keine automatischen Sanktionen vorsieht, sei aus heutiger Sicht ein Fehler, räumte Kotting-Uhl ein. Die aber seien seinerzeit "nicht durchsetzbar" gewesen.

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