Hartz-IV-Ermittlungen oft illegal: Der Zwang zur Kontrolle

Ermittler der Arbeitsämter kontrollieren systematisch Hartz-IV-Empfänger. Dabei brechen sie immer wieder Gesetze.

Hartz-IV-Empfänger müssen nicht nur zum Amt - das Amt kommt sogar zu ihnen nach Hause. Bild: dpa

BERLIN taz Hartz-IV-Empfänger werden intensiv vom Staat kontrolliert. Weil die Kosten für das Arbeitslosengeld II nach dessen Einführung 2005 mehr als erwartet stiegen, sind Jobcenter mittlerweile verpflichtet, hauptberufliche Kontrolleure zu beschäftigen. Diese "Ermittler im Außendienst" überprüfen dann beispielsweise, ob die Wohnsituation des Hartz-IV-Empfängers seinen Angaben entspricht oder ob er ein beantragtes Möbelstück wirklich benötigt.

Das Vorgehen der Ermittler bietet dabei oft Anlass für Kritik. So deckte das Politikmagazin "Panorama" 2008 auf, dass Mitarbeiter der Arbeitsbehörde Bad Homburg 89 Tage lang eine Arbeitslose kontrolliert hatten. Der Vorwurf: Sie lebe mit ihrem Mann zusammen und kassiere zu Unrecht Wohngeld. Ein Vorwurf, der sich als nicht haltbar erwies. Der Ermittler stellte lediglich fest, dass an 58 Tagen ein Pkw vor dem Haus parkte.

Ein weiterer Fall: Ein Arbeitsloser wollte die Ermittler nicht unangekündigt in seine Wohnung lassen. Die Leistungen wurden daraufhin sofort komplett gestrichen. Derartige Methoden sind laut einem Bericht des Berliner Beauftragten für Datenschutz kein Einzellfall und oft illegal. In Berlin komme es immer wieder zu Verstößen gegen geltendes Recht. Laut einem Urteil des Landessozialgerichts Hessen von 2006 dürfen nämlich Hausbesuche beispielsweise nicht ohne hinreichenden Grund und nur als letztmögliches Mittel stattfinden, was in der Praxis oft übersehen wird.

Das sei kein Wunder, sagt Frank Jäger, Referent und Sozialberater vom Wuppertaler Verein Tacheles. Es gebe natürlich Fälle, in denen die Ermittler ungesetzlich vorgehen würden. Das liege unter anderem daran, dass Jobcenter bundesweit miteinander verglichen würden. Ein Kriterium sei dabei die Anzahl der Sanktionen, die das betreffende Jobcenter ausgesprochen habe. Das führe zu einer Art Wettbewerb unter den Jobcentern. "Da kann man sich vorstellen, dass es auch mit der vorgeschriebenen Rechtsbelehrung nicht weit her ist." Viele der ausgesprochenen Sanktionen erwiesen sich jedoch als nichtig, sagt Jäger. Hinzu komme auch, dass die Jobcenter relativ oft formale Fehler machen würden. Im Zweifelsfall empfiehlt Jäger, Widerspruch einzulegen und zu klagen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.