Kritischer Agrarbericht veröffentlicht: Gegen Agrarexport und Fleischkonsum

Der Kritische Agrarbericht 2009 rügt die deutsche Politik. Auch weil diese nur den Verbraucher für Klimaschutz verantwortlich macht. Das zeigt eine zurückgehaltene Klimastudie.

Der Klimakiller Rind schmeckt den deutschen Verbrauchern zu gut. Bild: ap

BERLIN taz Das alternative Agrarbündnis fordert von den europäischen Bauern, weniger Produkte zu exportieren. Die subventionierte Ware aus der Europäischen Union verhindere den Aufbau einer leistungsfähigen Landwirtschaft in Entwicklungsstaaten, kritisierte der Zusammenschluss von rund 20 Umwelt-, Entwicklungs- und Tierschutzorganisationen bei der Vorlage des Kritischen Agrarberichts 2009.

"Durch unsere Exporte tragen wir zentral dazu bei, dass der Welthunger nicht kleiner, sondern größer wird", sagte Hubert Weiger, Chef des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) vor der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin. Seine Argumentation: Dumpingpreise für Einfuhren aus dem Norden treiben Bauern im Süden in die Pleite. Wenn dann Nahrungsmittel auf den Weltmärkten wieder teurer werden, können viele Menschen in den Entwicklungsländern ihr Essen nicht mehr bezahlen.

Dabei müsse Deutschland mehr Agrarrohstoffe importieren, als es Lebensmittel exportiert, erklärte Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft. Weiger ergänzte: "Über 70 Prozent des Eiweißfutters für die Tierhaltung in Deutschland wird importiert." Da es häufig aus Regenwaldgebieten in Südamerika stamme, erhöhe es den Rodungsdruck in diesen Ländern. Auch die Mehrheit der deutschen Bauern hat in den Augen der Aktivisten nichts von den Exporten. "2008 hatten wir zwar einen Exportrekord bei Schweinefleisch, doch gleichzeitig mussten 17 Prozent der Schweinehalter aufgeben", berichtete der BUND-Chef.

Für die Agrarexperten ist deshalb klar: Die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner muss sich von ihrer Strategie verabschieden, Exporte zu fördern. Doch davon ist die CSU-Politikerin weit entfernt. Sie betonte am Donnerstag erneut, wie wichtig die Ausfuhren für die deutschen Bauern seien.

Interessantes hat der alternative Agrarbericht ab Seite 45 zu bieten: Dort wird ein bislang unveröffentlichter "Bericht über den aktiven Klimaschutz der Agrar- und Ernährungswirtschaft" zitiert. Den hatte die Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern Ende September in Meißen beschlossen - aber anschließend nicht veröffentlicht. Denn dieser Bericht ist politisch brisant: Nicht die Landwirte sollen demnach zum Klimaschutz beitragen, sondern die Verbraucher.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium lehnt darin weitgehende Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft ab. "Aktionismus" müsse vermieden werden, stattdessen sollten sich die Verbraucher "klimaschonend" ernähren, also mehr pflanzliche und weniger tierische Produkte kaufen. Auch sollten laut Bericht Verbraucher mehr zu regionalen Lebensmitteln greifen und auf Tiefkühlkost verzichten.

Das aber hätte zur Folge, dass die auf Export getrimmte deutsche Lebensmittelwirtschaft ihre Produktion umstellen und die Politik entsprechende Instrumentarien fördern müsste. Das Agrarministerium betrieb genau die gegenteilige Politik: Deutschland verhinderte bei der EU, dass die Agrarkommission mehr Mittel für eine klimaschonende Landwirtschaft zur Verfügung stellen kann.

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