BKA-Gesetz und Journalisten: Gefährliche Informanten

Das BKA-Gesetz gefährdet den Kontakt von Journalisten zu Personen aus der Terrorszene, nicht aber zu klassischen Missstandsinformanten. Wie die umstrittene Novelle ihre Arbeit noch berührt.

Auch der DJV konnte einen absoluten Schutz von Medienvertretern vor Terrorabwehrermittlungen nicht durchsetzen. Bild: dpa

Journalisten- und Verlegerverbände sehen die Pressefreiheit und den Informantenschutz bedroht, wenn am 1. Januar das novellierte BKA-Gesetz in Kraft tritt, das am Montag vom Bundespräsidenten unterzeichnet wurde. Die taz informiert darüber, welche Befürchtungen berechtigt und welche übertrieben sind.

Weshalb ist der Informantenschutz wichtig?

Informanten sind typischerweise Menschen aus Behörden, Unternehmen oder Verbänden, die der Presse über Missstände aus ihrem Bereich berichten. Ohne Informanten könnte die Presse viele Skandale nicht aufdecken. Die Wächterfunktion der Medien hängt auch davon ab, dass sie ihre Informanten nicht verraten müssen. Journalisten haben im Strafprozess deshalb ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Gefährdet das BKA-Gesetz den Informantenschutz?

Die neuen Befugnisse des Bundeskriminalamts betreffen nur die Abwehr internationaler Terrorgefahren. Das BKA hat nicht die Aufgabe, zu verhindern, dass Behördenmitarbeiter brisante Interna den Medien verraten. Das novellierte BKA-Gesetz gefährdet also nicht den Kontakt der Presse zu klassischen Missstandsinformanten, sondern nur den Kontakt zu Personen, die Interna aus der Terrorszene und über künftige Anschläge kennen.

Wird das Zeugnisverweigerungsrecht damit eingeschränkt?

Im Strafprozess kann der Journalist auch weiterhin die Aussage verweigern. Zur Abwehr von Gefahren für Gesundheit, Leben und Freiheit anderer Menschen muss er dem BKA aber Auskunft geben. Solche Auskünfte dürfen später jedoch nicht in Strafprozessen verwendet werden.

Droht dem Journalisten tatsächlich Beugehaft, wenn er die Auskunft verweigert?

Laut Gesetzentwurf droht ihm höchstens ein Zwangsgeld bis zu 1.000 Euro.

Kann das BKA künftig per Onlinedurchsuchung auf die Computer von Journalisten und Redaktionen zugreifen?

Nein. Die heimliche Ausspähung darf sich nur gegen die Terrorverdächtigen selbst richten, nicht gegen Journalisten, mit denen sie Kontakt haben. Eine Ausnahme gilt nur für die Computer von Journalisten, die selbst als terrorverdächtig gelten.

Kann das BKA die Telefone und Räume von Journalisten abhören, um an Informationen von deren Terrorinformanten zu gelangen?

Nein. Das BKA darf nicht gezielt gegen die Telefonanschlüsse und Räumlichkeiten von Journalisten vorgehen. Zwar darf die Wohnung von "Kontakt- und Begleitpersonen" eines Terrorverdächtigen verwanzt werden, doch der Begriff "Kontakt- und Begleitperson" ist im Gesetz so eng definiert, dass Journalisten damit in der Regel nicht gemeint sind - außer sie sind so eng in die Terrorszene verwickelt, dass sie sogar von geplanten Anschlägen wissen.

Was ist, wenn das Telefon eines Verdächtigen abgehört wird und dieser dann einen Journalisten anruft?

Dann muss das BKA abwägen, ob die Gefahrenabwehr oder die Pressefreiheit vorgeht. Gleiches gilt, wenn der Journalist die verwanzte Wohnung eines Verdächtigen aufsucht. Auch dort ist er nicht sicher.

Kann das BKA die Wohn- und Arbeitsräume eines Journalisten durchsuchen, um Recherchematerial über bevorstehende Anschläge sicherzustellen?

Ja. Auch dies ist grundsätzlich möglich. Aber auch hier muss das BKA die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme prüfen.

Muss der Staat nicht stets die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren?

Stimmt. Eigentlich handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit. Die Journalistenverbände ärgern sich zu Recht, dass Medienvertreter nicht absolut vor Terrorabwehrermittlungen geschützt sind - wie Pfarrer, Strafverteidiger und Abgeordnete.

Warum gibt es diese Unterschiede?

Das ist eine politische Entscheidung des Bundestags, die er erstmals 2007 bei der Novellierung der Strafprozessordnung traf. Doch bei allem Unverständnis für das Zwei-Klassen-Recht muss man auch sehen, dass Journalisten bis 2007 gar nicht ausdrücklich vor Telefonabhörmaßnahmen geschützt waren. Ihre Situation hat sich in den letzten Jahren also nicht verschlechtert, während sich der Schutz für Pfarrer, Abgeordnete und Strafverteidiger allerdings deutlich verbessert hat. Die Verbände von Journalisten, Ärzten und Anwälten fordern für sich nun die gleichen Verbesserungen ein - tun dabei aber so, als ob sie heute schlechter als früher behandelt werden.

Neu ist doch aber, dass das BKA überhaupt präventiv ermitteln kann?

Ja, allerdings waren vorher die Landeskriminalämter für die präventive Terrorabwehr zuständig. Und in den Landesgesetzen ist der Schutz der Journalisten teilweise noch schlechter als im BKA-Gesetz.

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