Wilde Mischung

MEDIKAMENTE Gefährliche Wechselwirkungen

BOCHUM ap/taz | Die Behandlung älterer Menschen mit Medikamenten ist besorgniserregend. Zu diesem Urteil kommt eine an der Ruhr-Universität Bochum durchgeführte Studie. „Die Patienten werden mit wilden Mischungen von Wirkstoffen behandelt, die sich teils in ihrer Wirkung gegenseitig aufheben und teils Wechselwirkungen hervorrufen können, über die man kaum Kenntnisse hat“, fasst der Altersmediziner Ulrich Thiem die Studie zusammen.

Eine Befragung von 2.500 Patienten über 70 Jahren ergab: Im Schnitt nahm jeder Befragte regelmäßig sechs verschiedene Medikamente. Je älter der Patient war, desto höher war die Zahl der Präparate. Bei einigen Patienten waren es sogar mehr als zehn. Zu den am häufigsten verordneten Präparaten gehörten Blutdruckmittel, Blutfettsenker und Diabetesarzneien.

Die Behandlung sei gut gemeint, denn viele Senioren litten an mehreren Erkrankungen. Doch sie bringe eine Fülle von Problemen mit sich, betonten die Forscher. So wirken etwa Schmerzmittel, die gegen Arthrose verordnet werden, negativ auf die Nierenfunktion. Das steigert den womöglich ohnehin erhöhten Blutdruck, der parallel mit anderen Medikamenten behandelt wird.

Um die Gefahren des gleichzeitigen Konsums so vieler Medikamente zu verringern, plädierten die Ärzte für ein Umdenken. Da es unmöglich sei, alle Erkrankungen gleichermaßen zu behandeln, müssten die Probleme vorrangig angegangen werden, die für den Patienten besonders wichtig seien. „Ein 80-jähriger Patient mit Bluthochdruck und Arthrose wünscht sich erfahrungsgemäß zuallererst, seinen Alltag weiterhin alleine bewältigen zu können. Dafür braucht er Schmerzmittel. Ob er Bluthochdruck hat, der auf mehrere Jahre hinaus sein Schlaganfallrisiko erhöht, ist ihm nicht so wichtig“, erklärte Thiem.

Die Forscher griffen eine Idee aus den USA auf und unterteilten 131 häufig verordnete Arzneien in drei Kategorien: für Ältere unbedenklich, für Ältere nicht geeignet, und für Ältere nur unter Vorbehalt empfehlenswert. 82 Arzneistoffe wurden dabei als potenziell inadäquat für Senioren eingestuft, da ihre Wirkstoffe bei Älteren vermehrt zu unerwünschten Nebenwirkungen führen können. Nur 26 Medikamente bekamen uneingeschränkt grünes Licht für die Verschreibung an Senioren.