Demonstration gegen Versammlungsgesetz: Proteste im Ländle

Tausende Menschen demonstrieren in Stuttgart gegen das geplante Versammlungsgesetz. Kommt das neue Gesetz, sehen Kritiker ihr Recht auf freie Meinungsäußerung gefährdet.

Demo statt Weihnachtsmarkt. Bild: dpa

STUTTGART taz Selbst aus Frankfurt waren sie gekommen, mit einem goldenen Wasserwerfer. Zwischen 3.000 und 6.000 Demonstranten zogen am Samstag durch die Stuttgarter Innenstadt, um gegen das geplante Versammlungsgesetz des Bundeslandes zu protestieren.

Es war ein Länder übergreifender Protest: Nach Bayern und Baden-Württemberg liegt auch in Niedersachsen ein ähnlich umstrittener Entwurf vor. Die Frankfurter Studenten berfürchten nun ein Nachahmereffekt in Hessen, nach der Landtagswahl im nächsten Jahr.

Ihren Wasserwerfer, ein Renault mit goldenen Papprohren auf dem Dach, mussten sie auf Weisung des Ordnungsamtes stehen lassen. Ruwen Stricker hat die Demonstration im Auftrag eines Bündnisses aus Gewerkschaft, Parteien und linken Gruppen angemeldet. Das Wasserwerferverbot ist für ihn nur ein Beispiel, wie Auflagen die Lust am Protest kaputt machen.

In Stuttgart mussten die Demonstranten die von Weihnachtsmärkten belegten belebten Plätze der Innenstadt umgehen. Passanten grübelten über den Sinn des Aufzugs, da ein Lautsprecherwagen für Reden während des Marsches ebenfalls verboten war. Zudem lenkten kleine Scharmützel zwischen Polizei und schwarzem Block vom Sinn der Veranstaltung ab - die aber außer einigen Farbbeutelwürfen auf Presse und Polizei friedlich blieb.

"Wir können alles, außer Demokratie" prangte auf einigen Schildern: Die Demonstranten sahen das Recht auf freie Meinungsäußerung gefährdet. Das Gesetz sieht zum Beispiel vor, Versammlungen in Innenräumen mit denen unter freiem Himmel gleichzustellen. Auch hier sollen künftig Ordner namentlich der Polizei gemeldet werden, was Versammlungen unter freiem Himmel erheblich erschwert: Demonstrationen wie die in Stuttgart werden von freiwilligen Ordnern begleitet, die von der Speicherung ihrer Daten abgeschreckt werden.

Die gewählten Leiter jedweder Versammlung können zudem von den Behörden abgelehnt werden, falls die Beamten meinen, die Person könnte die Friedlichkeit der Versammlung gefährden. Die Formulierung des Gesetzestextes lässt viel Raum für Interpretationen - einem Missbrauch der Regelung ist Tür und Tor geöffnet, fürchten Kritiker. Außerdem ist das Gesetz vermutlich grundgesetzwidrig: In Paragraf 8 heißt es, nur die Versammlungsfreiheit unter freiem Himmel dürfe eingeschränkt werden.

Die Kritik ist mittlerweile auch beim baden-württembergischen CDU-Innenminister Heribert Rech angekommen. Er plant zumindest für Gewerkschaften Änderungen. Zudem veranstalten Grüne und SPD eine öffentliche Anhörung zu dem Thema am kommenden Freitag.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.