Thailand-Experte über PPP-Verbot: "Ein Konflikt der Machteliten"

Die jetzt verbotene Regierungspartei PPP wird in einer neuen Partei aufgehen, die wohl die nächsten Wahlen wieder gewinnt, meint der Thailand-Experte Wolfram Schaffar.

Die Regierungsgegner auf dem Flughafen in Bangkok feiern ihren Sieg. Bild: dpa

taz: Herr Schaffar, ist das Verbot der Regierungspartei, das jetzt zum Ende der Flughafenblockaden führt, die Entscheidung in Thailands Machtkampf?

Wolfram Schaffar hat bis Mai 2008 an Bangkoks renommierter Chulalongkorn Universität Politikwissenschaft unterrichtet. Zurzeit arbeitet er als Dozent an der Universität Hildesheim.

Wolfram Schaffar: Nein. Das kann sie nicht sein, weil die PPP schon seit ihrer Wahl mit einem Verbot rechnen musste. Die ersten Gerüchte, dass das royalistische Establishment zum zweiten Mal mit dieser Art Mitteln dieses politische Lager aus dem Amt zu heben versuchen könnte, gab es März und April. Damals wurde die Zusammensetzung des neuen Verfassungsgerichts bekannt. Schon direkt nach der Wahl waren die alten Eliten ja so schockiert über den Ausgang, dass sie versuchten, alle Strippen zu ziehen. So wurde versucht, über die Wahlkomission einzelne Abgeordnete zu disqualifizieren. Aber weil die PPP so viele hat, war das wenig hilfreich. Somit schien das Parteiverbot übers Verfassungsgericht aussichtsreicher. Wenn die Volksallianz für Demokratie (PAD) jetzt einen Sieg erklärt, bedeutet das nicht viel: Das hat sie schon zu früheren Anlässen immer wieder getan.

Bedeutet die Gerichtsentscheidung also nur eine weitere Zuspitzung des Machtkampfes?

Ja. Ein Militärputsch gilt zurzeit als unmöglich, weil die dahinter stehenden Kräfte nicht genau wissen, was sie hinterher machen sollen. Das zeigte schon der letzte Putsch 2006. Dasselbe trifft auch auf die jetzige Gerichtsentscheidung zu. Im September wurde der letzte Premier Samak durch eine fragwürdige Entscheidung des Verfassungsgerichts aus dem Amt befördert, weil er in einer Kochshow angeblich illegale Nebeneinkünfte erzielte. Deshalb wird die Gerichtsentscheidung jetzt als Putsch der Richter gesehen.

Welches Szenario halten Sie jetzt für wahrscheinlich?

Das Grundproblem ist, dass die Kräfte, die jetzt die Macht zu übernehmen versuchen, seit sieben Jahren alle Wahlen verloren haben. Die jetzige Regierungspartei PPP, die schon aus einer anderen verbotenen Partei hervorging, wird in eine neue Partei aufgehen und wohl die nächste Wahl wieder gewinnen. Nicht deshalb, weil die Mehrheit der Bevölkerung hinter ihr steht, sondern weil die Mehrheit der Bevölkerung die Art des Umgangs nicht toleriert. So wurde die große Mehrheit der PPP bei der letzten Wahl als Votum gegen den Putsch 2006 gewertet. Dieses Unrechtsbewusstsein dürfte der PPP-Nachfolgepartei wieder zum Sieg verhelfen. Dies könnte nur eine Manipulation des Wahlsystems verhindern, was aber für die Mehrheit der Bevölkerung nicht akzeptabel ist.

Kann der König den Machtkampf noch lösen?

Jeder schaut auf den König und bekundet Loyalität. Die Richter wurden jetzt vorgeschickt, weil sie von ihm vereidigt wurden und man deshalb glaubt, dass ihnen niemand widerspricht. Der König hat insofern eine dämpfende Wirkung, weil am 5. Dezember sein Geburtstag gefeiert wird und bis dahin keine größeren Auseinandersetzungen stattfinden werden. Er wird in seiner traditionellen Ansprache zur nationalen Einheit aufrufen, das wird aber verpuffen.

Wie kann der Konflikt überhaupt noch gelöst werden?

Es geht um einen Konflikt zwischen zwei unvereinbaren Fraktionen der Machtelite. Der wird dadurch verschärft, dass beide über ihre Programme und Ideologien große Wähler- und Anhängerschaften mobilisieren können. Hinter der politischen Spaltung steht eine tiefere soziale Spaltung, die dem Konflikt Dynamik verleiht. Es ist keine echte Lösung zu sehen, bei dem eines der Lager an prominenter Stelle involviert ist. Auffällig ist, dass die Nichtregierungsorganisationen und sozialen Bewegungen sich aus dem Konflikt heraushalten.

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