Zu hohe Schulden: In Pankow ist Schluss mit lustig

Der verschuldete Bezirk Pankow leistet sich zu viel Personal und gut ausgestattete Büros, findet der Finanzsenator. Deshalb stehen womöglich Einrichtungen für Kinder und Jugendliche vor dem Aus.

Nicht nur in Köln, auch in Pankow sind die Jecken los Bild: DPA

Rund 70 Zuschauer drängeln sich am Mittwochabend in die Sitzung des Pankower Bezirksparlaments: Mitarbeiter von Sozial- und Kulturprojekten, Jugendliche und Kinder. Sie befürchten, dass sie von einer möglichen Haushaltssperre getroffen werden, über die das Abgeordnetenhaus im Dezember entscheidet. Sie möchten ihrem Unmut freie Luft lassen - und dürfen nicht. Die Bezirksverordneten setzen das Thema nicht einmal auf die Tagesordnung.

Auch Heike Stephan, die Leiterin der Schulstation in der Grundschule an der Marie in der Christburger Straße würde gerne wissen, wie es weitergeht. "Ohne unsere Arbeit würde es mehr Schulschwänzer und mehr Gewalt geben", sagt sie. Mit ihren beiden Kolleginnen kümmert sie sich um die rund 500 Schüler, bildet Fünftklässler zu Streitschlichtern aus, spricht mit Eltern, unterstützt Lehrer. "Wir haben hier viele Familien, die zwar nicht finanziell arm sind, aber emotional", sagt Stephan. Es gebe viele Kinder aus Scheidungsfamilien, die man unterstütze. Genauso von der Schließung bedroht wie die Schulstationen ist auch der Abenteuerspielplatz des Netzwerks Spielkultur, ein Kinderbauernhof und die Angebote der Jugendsozialarbeiter des Vereins Gangway.

Anlass für die Sorgen der Vereine und Projekte ist die schlechte Haushaltslage im Bezirk. Pankow hat gut 30 Millionen Euro Schulden. Das ist angesichts eines Haushaltes von jährlich 580 Millionen Euro nicht viel - doch die Bezirke sollen eigentlich gar keine Schulden machen. Und wenn doch, dann sollen sie die zügig wieder abbezahlen. Die Schulden von Pankow sind dagegen seit Jahren fast unverändert.

Die Senatsverwaltung für Finanzen von Thilo Sarrazin (SPD) listet für das Abgeordnetenhaus detailliert auf, woran es in Pankow hakt. So war Pankow etwa der einzige Bezirk, der 2008 keinen Mitarbeiter an den Stellenpool abgegeben hat. Und bei den Sachausgaben - etwa für Geräte, Büroausstattung, Ausrüstung - will Pankow 4,2 Millionen Euro mehr als 2007 ausgeben. "Es handelt sich um den höchsten Zuwachs aller Bezirke", heißt es in dem Papier. Aber nicht nur die Ausgaben sind zu hoch - Sarrazins Mitarbeitern ist auch aufgefallen, dass Pankow "deutlich weniger eigene Einnahmen erzielt als andere große Bezirke".

Die Pankower Schulden will Sarrazin nicht mehr hinnehmen. Im Dezember soll der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses entscheiden, wie es mit Pankow weitergeht. Das muss nicht bedeuten, dass der Bezirk alle freiwilligen Ausgaben einsparen muss. "Der Hauptausschuss hat unterschiedliche Optionen", sagt Sarrazins Sprecherin Kristina Tschenett.

Noch steht also überhaupt nicht fest, wo genau der Bezirk im nächsten Jahr seine Ausgaben kürzen muss - ob beim Personal, bei den Sachausgaben, bei Jugendprojekten oder den Bezirksbüchereien. Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) hat beantragt, dass das Abgeordnetenhaus dem Bezirk keine Ausgaben kürzt, sondern ihm im Gegenteil zusätzliches Geld gibt. "In diesem Konflikt hat der Bezirksbürgermeister bestimmt nichts dagegen, wenn jetzt die Vereine laut aufschreien und sich an die Spitze der Protestbewegung stellen", sagt Stefanie Remlinger, Finanzpolitikerin der Grünen im Bezirksparlament.

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