Krankendaten im Internet einsehbar: Patienten kommen Microsoft zuvor

Die vom Softwareriesen geplanten Krankenakten im Internet gibt es in Deutschland schon - nur sind sie kaum bekannt. Angeblich gibt es keine Probleme mit der Sicherheit.

Heikle Daten wie ein AIDS-Test sollten nicht im Internet verloren gehen. Bild: dpa

BERLIN taz Der mögliche Einstieg von Microsoft in das Geschäft mit digitalen Patientenakten in Deutschland lässt bei Datenschützern die Alarmglocken schrillen. Doch ganz neu ist das Konzept nicht. Mehrere deutsche IT-Firmen bieten über Krankenkassen oder auch direkt die Speicherung von Patienteninformationen im Internet an.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass Krankenkassen ohne Not sensible Patientendaten an Dritte weitergeben", sagt Christine Richter, Sprecherin des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK) zur Ankündigung von Microsoft, mit deutschen Krankenkassen verhandeln zu wollen. Gespräche mit der Softwarefirma führe die BKK nicht, sagte Richter. Doch eine andere Variante der "elektronischen Gesundheitsakte" ist hierzulande bereits im Einsatz, unter anderem bei mehreren BKKs.

Seit 2007 testet auch die gesetzliche Kasse Barmer die Gesundheitsakte "Life Sensor" der Firma InterComponentWare. Gegen eine Gebühr von rund 24 Euro im Jahr können Patienten im Internet Daten, Röntgenbilder oder Laborwerte hinterlegen. Ärzte können nur mit Genehmigung des Patienten Daten einsehen oder ablegen. Außerdem gibt es eine e-Bibliothek mit Gesundheitsinformationen und einen Check, der die angewendeten Arzneimittel auf Wechselwirkungen prüft. In einem gesonderten Bereich kann der Nutzer Notfallinformationen speichern, etwa seine Blutgruppe, Allergien oder zu benachrichtigende Personen. Den Zugangscode zu diesem Bereich trägt er bei sich - so können auch die Daten Bewusstloser gelesen werden. Allerdings gilt ein Code jeweils nur ein Mal und ist nur für den Notfall-Bereich gültig, die anderen Daten bleiben geheim. Bisher lägen noch keine Ergebnisse der Testphase vor, sagte Barmer-Sprecherin Susanne Uhrig. Etwa 1.000 der 7 Millionen Versicherten würden das Angebot nutzen.

In anderen Größenordnungen arbeitet die Firma Careon: Sie stellt bereits seit 2001 Online-Gesundheitsakten für die Kunden von BKKs und einer großen privaten Krankenversicherung zur Verfügung. Etwa 60.000 Akten gebe es bereits, sagt Marketingleiter Guido Weber. Mit 22 Krankenkassen arbeite das Unternehmen zusammen. Seit Juli dieses Jahres können Kunden auch unabhängig von ihrer Krankenkasse direkt auf einer Internetseite ihre Patientenakte erstellen - kostenlos. Diese Version hat aber weniger Funktionen als die Krankenkassenvariante. Finanziert wird sie durch das Einbinden von kommerziellen Anbietern, beispielsweise einer Online-Versandapotheke. Doch eine Umfrage des Unternehmens aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass die Online-Gesundheitsakte in der Bevölkerung nahezu unbekannt ist.

Dank der Kritik von Datenschützern an dem Vorstoß von Microsoft und Google könnte sich das nun ändern. Weber sieht bei Careon allerdings keine Probleme beim Umgang mit den sensiblen Patienteninformationen: Die Firma sei mit Mitarbeitern des Bundesbeauftragten für Datenschutz in Kontakt, die das Verfahren der Firma immer wieder prüften. Eine Sprecherin des Datenschutzbeauftragten sagte der taz hingegen, das Konzept des Unternehmens sei ihr unbekannt, doch Careon sei an diesem Mittwoch zu einem Gespräch angemeldet. Ein Sicherheitsvorteil gegenüber den US-Unternehmen ist jedoch klar: Die Server der Firma Careon, auf denen die Gesundheitsakten gespeichert werden, stehen in Deutschland und sind somit auch für die hiesige Justiz zu erreichen.

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