Kommentar Fangquoten: Dorsch gut, Hering schlecht

Ob die europäische Fischereipolitik langsam auf einen Kurs der Weitsicht einschwenkt und damit den Interessen aller Beteiligten dient - der Fische, der Fischer und der Fischesser -, wird sich schon bald zeigen.

Die EU-Fischereiminister haben mit einer jahrzehntelang gepflegten Tradition gebrochen: Bei der Festlegung von Fangquoten für Dorsch und Hering in der Ostsee werden sie erstmals nur ungefähr so viel Fisch zum Fang freigeben, wie nachwachsen kann. Das ist ein schwacher Lichtstreif am bisher nachtschwarzen Horizont von Europas Fischbeständen.

Bislang war die gemeinsame Fischereipolitik der EU ein trauriges Beispiel dafür, wie aus nationalen Egoismen die Naturressource Fisch in den Ruin gewirtschaftet wurde. Alljährlich gaben die Minister Fangquoten frei, die weit über den wissenschaftlichen Empfehlungen lagen. 88 Prozent von Europas Fischbeständen, bekennt die EU-Kommission selbst, sind derzeit überfischt - trauriges Ergebnis von 30 Jahren Missmanagement.

Die Entscheidung vom Montag, in der Ostsee wirklich nur so viel Dorsch fangen zu lassen, wie die Forschung empfohlen hat, kann man als ersten Sieg der - auch wirtschaftlichen - Vernunft werten. Allerdings behauptete sich die gewohnte Unvernunft beim Ostseehering: Die empfohlene Fangreduzierung wurde nur teilweise umgesetzt. Der deutsche Staatssekretär Gert Lindemann ging sogar so weit, die Forschungsergebnisse als "wissenschaftlich nicht herleitbar" zu verunglimpfen.

Ob die europäische Fischereipolitik langsam auf einen Kurs der Weitsicht einschwenkt und damit den Interessen aller Beteiligten dient - der Fische, der Fischer und der Fischesser -, wird sich schon bald zeigen. Noch vor Jahresende werden die Fangquoten für Nordsee, Atlantik und Mittelmeer festgelegt.

Als eine interessante Fernwirkung könnte ein solcher Politikwechsel den Beitritt Islands zur EU fördern. Die von der Finanzkrise geschüttelte Insel hat sich bisher vehement gesträubt, ihre nachhaltige Fischereipolitik dem Wahnsinn der EU-Vorgaben zu opfern. Besser wäre allerdings, die EU übernähme einfach die isländischen Regelungen. Außer den Meerestieren auf der isländischen Krone, die dem Euro weichen würde, ginge es dann allen Fischen besser. RAINER BORCHERDING

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