Diskrimierung im Job: Arbeit oder Baby

Eine Fleischfabrik bei Osnabrück soll Arbeitsverträge nur gegen Schwangerschaftstests verlängert haben. Die Empörung ist groß, das Gewerbeaufsichtsamt hat nichts dagegen Von UTA GENSICHEN

Fleischfabrik Kemper in Nortrup bei Osnabrück: Kein Ort für Schwangerschaften Bild: DPA

Das Gewerbeaufsichtsamt hat sich in den Skandal um das Einstellungsverfahren weiblicher Mitarbeiten in die Fleischwarenfabrik Kemper in Nortrup im Landkreis Osnabrück eingeschaltet. "Die Art der Beratung zum Schutz der potentiell Schwangeren und der ungeborenen Kinder im Sinne des Arbeitsschutzes" sei nicht zu beanstanden, sagte ein Sprecher am Donnerstag.

Das Amt reagiert damit auf die Vorwürfe des Vereins "pro familia", das Nortruper Unternehmen habe bei Gesprächen zur Verlängerung des Arbeitsvertrages Schwangerschaftstests verlangt. Bereits im Frühjahr hätten drei Frauen "pro familia" aufgesucht und von Gesundheitsuntersuchungen mit der Option auf Schwangerschaftstests berichtet, sagt die Leiterin der Osnabrücker Außenstelle, Karin Schlüter. "In allen Fällen ging es dabei um die Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen", ergänzt sie. Das verstoße gegen das Gleichstellungsgesetz.

Die Fleischfirma Kemper dementiert die Beschuldigungen. "Wir wissen nicht, wie diese Gerüchte in Umlauf gekommen sind", sagt Geschäftsführer Siegfried Merten. Hingegen räumt das Unternehmen ein, bei Neueinstellungen Gesundheitsberatungen durch die Betriebsärztin durchführen zu lassen. Dadurch solle den Frauen die Entscheidung, ob sie die Arbeitsbedingungen im Kältebereich einer Fleischwarenfabrik auf sich nehmen möchten, "erleichtert" werden.

Das Gewerbeaufsichtsamt stellt sich hinter die Firma, die mit 1.200 Mitarbeitern zu einem der wichtigsten Arbeitgeber der Region zählt. "Es fanden ausschließlich Beratungen von Bewerberinnen statt, um ihnen eine Entscheidungshilfe zu geben", sagte die Behördenleiterin Gesche Saathoff-Schiche am Donnerstag. Von den 110 Teilnehmerinnen hätten sechs Frauen den Schwangerschaftstest durchgeführt. "Alle sechs Frauen haben ein Einstellungsangebot bekommen", betont Saathoff-Schiche.

Nach der Prüfung des Falls durch das Gewerbeaufsichtsamt fühlt sich Kemper-Geschäftsführer Siegfried Merten im Recht: "Die Gespräche haben ergeben, dass wir uns bei der Fürsorgepflicht unseren Mitarbeitern gegenüber richtig verhalten haben." Den Vorwurf, Frauen bei Entdeckung einer Schwangerschaft vor der Festanstellung gekündigt zu haben, bestreitet der Fleischfabrikant dagegen energisch.

Offenbar haben sich jedoch bereits mehrere Frauen über einen Test vor Verlängerung ihres Arbeitsvertrages beschwert. Schwangeren Frauen sei dabei die Festanstellung verwehrt worden. Karin Schlüter von "pro familia" hat ähnliche Fälle schon oft erlebt. "Es ist leider häufig so, dass Schwangerschaften nicht gerne gesehen werden", sagt sie. Neben Unternehmen im Nahrungsmittelbereich, wie die in die Schlagzeilen geratene Fleischfabrik Kemper, seien vor allem Frauen im Einzelhandel von dieser Art der Diskriminierung betroffen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.