Eventmovies bei den Privaten: Die Bibelungen

RTL jagt den Schatz der Nibelungen, ProSieben entschlüsselt den Bibel-Code. Beides ist preisverdächtig und fällt in die Kategorie "Albernster Abenteuerfilm".

Szene aus "Schatz der Nibelungen": Harrison Ford, wo bist du, wenn man dich braucht? Bild: rtl

Sensationelle Wendung im Privat-TV: Trotz aller Rivalität bieten ProSieben und RTL dem Publikum erstmals gemeinsam einen senderübergreifenden Abenteuerfilm. Diese Leistungsshow der urdeutschen Fernsehgattung Eventfilm folgt dem Prinzip der Schnitzeljagd längs durch Deutschland und quer durch Europa. Zwei widerwillig zusammengespannte Pärchen enträtseln an drei aufeinanderfolgenden Abenden zwei Amulette und suchen fünf Schlüssel. Dazu müssen in steinernen Verstecken oder im Sand Minuskeln, Metaphern und Monogramme entziffert und so Geheimgänge und -fächer entdeckt werden, in denen wiederum Hilfsmittel zum Entdecken weiterer Verstecke verborgen sind.

Ästhetisch bestechend, wie es den Regisseuren Ralf Huettner (RTL) und Christoph Schrewe (ProSieben) gelang, die Schauplätze wie aus einem Guss im internationalen Schatzkammer-Look-and-feel in Szene zu setzen. Nämlich so wie im Hollywoodfilm "Das Vermächtnis der Tempelritter", der mit seiner "Indiana Jones"-Nachahmung einen Millionenerfolg erzielte. In überwiegend unterirdischen Gewölben fällt sparsam eingesetztes Licht von oben auf styroporene, gipserne und hölzerne Kulissen, die Bedeutung dadurch gewinnen, dass sie sich - wie einmontierte, an Originalschauplätzen gefilmte Szenen geschickt suggerieren - nahe dollen Orten befinden.

Von Rügen bis zur Zugspitze trägt RTL den Staffelstab, ohne auf Sehenswürdigkeiten wie Neuschwanstein, den Kölner Dom und Hark Bohm (spielt eine Art auf Drachenblut scharfen Altnazi) zu verzichten. So lange nimmt Eventfilmstar Benjamin Sadler (bekannt aus "Dresden", "Contergan" und der "Hart aber fair"-Ausgabe zu "Contergan") den Zuschauer an die Hand, an seiner Seite Bettina Zimmermann. Das Feuerwerk der Sprödigkeit steigert Sadler in geradezu lyrischen Rausch ("Ich hab n schlechtes Gewissen / Ich fühl mich beschissen").

Am Montag geht es bei ProSieben dann von Bayern aus ins europäische Umland. Der Part der einzigen erwachsenen Frau geht von der grazilen Zimmermann auf die sichtlich sinnlichere Cosma Shiva Hagen über. Der ließe sich vorwerfen, ihrer Rolle zu viel Körperlichkeit zu verleihen und so von den weiterhin spektakulären Kulissen (Steiermark, Avignon, Vatikan, Wüste Sinai) abzulenken. Andererseits gelingen dramaturgisch und darstellerisch die Übergänge des zickigen Abenteurer-Begleiters vom weiblichen auf den männlichen Co-Star und der männlichen Hauptrolle auf Olivier Sitruk (trotz viel vollerer Frisur!) so tadellos, dass sich die Professionalität deutscher TV-Macher wieder glänzend zeigt.

Zugleich bleiben die engagierten Sender ihren Identitäten treu. Der RTLsche Hang zur Witzischkeit wandelt sich in den ProSieben-eigenen Hang zur Mystischkeit. Alles wird existenzieller, unmerklich geht die Schatzsuche in Weltenrettung über. Doch schon die strenge Gewolltheit der jeweiligen Programmfarben sorgt für Kontinuität. Den bei RTL angelegten Katholizismus steigert ProSieben und baut dabei noch eine versöhnliche Geste ein: Zu den Attraktionen gehört ein Papstattentat - wie RTL es im März im gleichnamigen Eventfilm mit Heiner Lauterbach (diese Woche leider gar nicht dabei) schon anstrebte. Daraus, dass es bei ProSieben etwas spannender zugeht, zieht der Sender keinen Vorteil, sondern bloß die Fallhöhe in die Länge, so dass sich, wenn laut Dialog "das Ende der Welt, so wie wir sie kennen, nah" sein soll, das Ende des Eventfilms noch in weiterer Ferne befindet.

Man braucht nicht, wie es sich als Merkmal der CosmaShiva-Hagen-Figur entpuppt, eine Seherin zu sein, um zu prophezeien: Wenn der Deutsche Fernsehpreis für den albernsten Abenteuerfilm vergeben wird, dann ex aequo an ProSieben und RTL.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.