Spannungen in Armenien und Aserbaidschan: Georgiens Nachbarn sind besorgt

In Armenien und Aserbaidschan reagiert man verhalten auf die russische Anerkennung Abchasiens und Südossetiens.

Durch die Gründung der "Republik Nagorny Karabach" verlor das ölreiche Aserbaidschan rund 20 Prozent seines Territoriums. Bild: dpa

BERLIN taz Erneut sollen aserbaidschanische Stellungen von armenischen Streitkräften unter Beschuss genommen worden sein. Nach offiziellen aserbaidschanischen Angaben schossen armenische Soldaten am Montag auf Stellungen in der Nähe des Dorfes Mosesgech, und am Dienstag sei aus einem Gebiet unter Kontrolle karabach-armenischer Truppen auf aserbaidschanische Posten geschossen worden.

In Georgiens Nachbarrepubliken Aserbaidschan und Armenien schaut man mit Nervosität auf die Auswirkungen der russischen Anerkennung Abchasiens und Südossetiens. Im Mittelpunkt steht dabei der Konflikt um die Enklave Nagorny Karabach, in der bis Ende der 80er-Jahre eine große aserbaidschanische Minderheit lebte. Nach einem fünfjährigen Krieg, der im Mai 1994 mit einem Waffenstillstand und der Gründung der "Republik Nagorny Karabach" endete, verlor Aserbaidschan rund 20 Prozent seines Territoriums. Die Enklave wird heute fast nur noch von Armeniern bewohnt. Immer wieder werden in Aserbaidschan Stimmen laut, die die militärische Rückeroberung von Nagorny Karabach fordern. Fast täglich kommt es an den Waffenstillstandslinien zu Schusswechseln.

"Jedes Kind begreift," so der Politologe Wafa Guluzade und langjährige Berater dreier aserbaidschanischer Präsidenten zur Internet-Agentur 1news.az, "dass Moskau mit der Anerkennung von Abchasien und Südossetien denkbar günstige Voraussetzungen für zentrifugale Bestrebungen in Russland schafft". In der Folge würden die Ukraine, Georgien und Aserbaidschan Nato-Mitglieder werden. "Separatistische Bestrebungen in Russland werden zunehmen, die Nato wird an den Grenzen zu Russland ihre Position weiter festigen", so Guluzade.

Der oppositionelle Politologen Zarduschd Alizade rechnet "mit den schlimmsten Szenarien". Medwedjew habe "den größten Fehler seines Lebens gemacht. Der Westen wird dies nicht so einfach hinnehmen. Wir stehen vor einer wirklichen Konfrontation, und ich denke nicht, dass Russland aus dieser als Sieger hervorgehen wird." Die Sozialistische Partei Aserbaidschans hingegen unterstützt die russische Anerkennung Abchasiens und Südossetiens.

In Armenien ist man vorsichtig. Der Politologe Ruben Akopjan, der die russische Anerkennung Abchasiens und Südossetiens begrüßt, warnt vor einer vorschnellen Anerkennung Abchasiens und Südossetiens, aber auch von Nagorny Karabach, durch Armenien. Die Zeit dafür sei noch nicht reif.

Der Abgeordnete Stepan Safarjan will die Frage der Unabhängigkeit von Nagorny Karabach vorerst nicht auf die Tagesordnung des armenischen Parlamentes setzen. Die Sicherheit in der Region habe Vorrang, sagt Safarjan. Man wisse ja nicht, ob sich Moskau im Falle eines bewaffneten Konflikts auf die armenische Seite stellen werde.

Armen Aschotjan, Abgeordneter der Regierungspartei, fürchtet laut Novosti Armenii eine "neue Konfrontation in der Region". Auch er rät zu einer sehr vorsichtigen Politik. Der weitere Transit armenischer Güter durch Georgien sei gefährdet, wenn Armenien Abchasien und Südossetien anerkennen würde.

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