Prügelstrafe an US-Schulen: 200.000 Kinder kriegen Stockhiebe

In 21 US-Staaten ist die körperliche Züchtigung an öffentlichen Schulen gesetzlich erlaubt. Eine Studie zeigt, dass davon reichlich Gebrauch gemacht wird. Hauptleidtragende: Afroamerikanische Schülerinnen.

Wer die Tafel schlampig abwischt, muss mit dem Stock rechnen? In manchen Bundesstaaten der USA ist das nicht nur ein schlechter Schüleralbtraum. Bild: photocase/allzweckjack

WASHINGTON afp/taz In zahlreichen US-Schulen ist körperliche Züchtigung offenbar noch immer an der Tagesordnung: Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden im Schuljahr 2006/2007 mehr als 200.000 Schüler mit dem Stock geschlagen. Besonders häufig sei die körperliche Bestrafung im Süden der USA, teilten die Bürgerrechtsorganisation ACLU sowie Human Rights Watch am Mittwoch anlässlich der Veröffentlichung der Studie "Eine gewalttätige Erziehung:Prügelstrafe an öffentlichen Schulen der USA" mit.

In den US-Bundesstaaten Texas und Mississippi würden Schüler zwischen drei und 19 Jahren regelmäßig für kleine Ungezogenheiten wie Kaugummikauen im Unterricht, Widerrede gegen Lehrer oder die Verletzung der Kleidungsvorschriften mit körperlicher Züchtigung bestraft, kritisierten die Organisationen. Die Prügelstrafe, die in 21 Bundesstaaten der USA gesetzlich erlaubt ist, werde zumeist als "Verhauen" ausgeführt: Ein Lehrer oder Schulmitarbeiter schlägt dabei das betroffene Kind wiederholt mit einem langen Holzstock auf den Hintern. Die Studie zeigt auf, dass diese Strafform vielen Kindern Verletzungen zufügt, sie demütigt und dafür sorgt, dass ihre Motivation zur Schulteilnahme nachhaltig abnimmt.

n den 13 Südstaaten, in denen die Prügelstrafe besonders häufig eingesetzt wird, ist der Anteil der afroamerikanischen Schüler, die bestraft worden sind, 1,4 mal so hoch wie ihr Anteil an der Gesamtschülerschaft. Bei afroamerikanischen Schülerinnen ist der Anteil der Geschlagenen sogar doppelt so hoch. Dabei liegen keine Beweise vor, dass schwarze Schüler häufiger gegen die Schuldisziplin verstoßen würden als Schüler aus anderen Bevölkerungsgruppen.

Alice Farmer, Autorin der Sutidie, kritisert: "Schüler ethnischer Minoritäten an öffentlichen Schulen stoßen in ihrer Ausbildunglaufbahn sowieso schon auf viele Hindernisse. Indem sie diese Schüler einer überproportional hohen Disziplinierung durch Prügel aussetzen, erzeugen die Schulen eine feindliche Umgebung, in der die Betroffenen noch stärker zu kämpfen haben". Überdurchschnittlich oft werden auch Schüler mit physischen und psychischen Behinderungen geschlagen.

Die Studie basiert auch eine vierwächige Vor-Ort-Recherche in Missisppi und Texas um die Jahreswende 2007/08. Sie umfasst 175 Interviews mit Schülern, Lehrern, Eltern und Vertretern der Schulbehörden. In ihr sind auch verschiedene Fälle von schwerer Körperverletzung dokumentiert. Da Lehrer, die Schüler schlagen, dank der einzelstaatlichen Gesetzgebung Immunität genießen, stoßen Eltern, die im Namen ihrer Kinder gegen das prügelnde Schulpersonal vorgehen wollen, auf Widerstand seintens der Polizei und Justiz. Desgleichen werden den Eltern auch alle erdenklichen Steine in den Weg gelegt, wenn sie ihre Kinder von vorneherein vor Prügelstrafe schützen wollen. Einige Schulbezirke händigen zwar Formulare an die Eltern aus, auf denen sie körperliche Züchtigung als Disziplinierungsform ausschließen können. Diese Formulare werden aber oft schlichtweg ignoriert.

Human Rights Watch und ACLU appellieren an die US-Regierung, die Prügelstrafen an allen öffentlichen Schulen zu verbieten

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