FAZ pöbelt Blogger an: Automatisch abgekupfert

Wer hat's erfunden? Ein "FAZ"-Autor schimpft Autor Peter Glaser einen "Blogger" - um die Urheberschaft an einem Satz entspinnt sich ein Streit, der für beide Seiten unangenehm ist.

Peter Glaser (r.) bei der Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preises im Jahr 2002. Bild: dpa

Das Zeitalter von Copyright und geistigem Eigentum ist abgelaufen. Behauptet die taz. Oder wars Joichi Ito in seinem Statement zur Ars Electronica? Ist ja auch wurscht: Das Zeitalter von Copyright und geistigem Eigentum ist schließlich abgelaufen. Dass ein Urheber - eher so aus Fairness - trotzdem darum bittet, als Urheber auch zitiert zu werden, kommt vor, und das ist Teil des Problems, das Marco Dettweiler, ein seriöser Wirtschaftsjournalist der FAZ, und der Blogger Peter Glaser miteinander haben. Dettweiler benutzte in einem Text den hübschen Satz "Die Welt ist eine Google". Glaser schrieb ihm daraufhin eine Mail: "Mit Interesse habe ich Ihren Artikel ,Wer googelt am häufigsten nach Sex?' vom 6. 8. wahrgenommen, den Sie mit meinem Satz ,Die Welt ist eine Google' eröffnen. Wenn Sie mich beim nächsten Mal auch tatsächlich zitieren möchten, habe ich nichts dagegen." Am Ende stand der Standardverweis auf Glasers Blog. Blogger lügen, machen Radau und stinken, das ist bekannt, und Printmedien wie FAZ und Spiegel weisen in Erfüllung ihrer Kontrollfunktion oft genug darauf hin. Journalist Dettweiler schrieb daher zurück, er habe den Satz ,Die Welt ist eine Google' "schon verwendet, als Sie von Ihrem Blog noch geträumt haben", verweist auf 14.400 Google-Treffer für diesen Satz und endet mit jener Aussage, die im Netz und nun, mit der den Printmedien immanenten Verzögerung, auch hier durchgewalzt werden kann: "PS: Bloggen Sie ruhig weiter, aber lassen Sie seriöse Journalisten in Ruhe. Danke!" Da hats der Journalist dem Blogger also mal wieder ordentlich besorgt, woraufhin der Blogger die nie für die Öffentlichkeit bestimmte Mail des Journalisten seinem Blog anvertraut hat, denn so ist der Gang der Welt. Blog-Leser EvilFuManchu kommentiert den Streit recht anschaulich: Hier hielten "zwei ,Minderbepimmelte' […] ihre kleinen Dinger aneinander", um zu sehen, wer "den kürzeren hat". Das Wort "minderbepimmelt" ist übrigens neu (Google-Recherche: taz-Blogger Detlef Gürtler) - schöner Nebeneffekt der "peinlichen Farce" (medienlese.com). Man kann das Ganze auch eine "peinliche FAZ" nennen. Vertraut man der Zeitleistenfunktion von Google, hat tatsächlich Peter Glaser den Satz "Die Welt ist eine Google" zuerst benutzt: 2005 war er der Titel seiner Netzkolumne in der Stuttgarter Zeitung. Nebenbei schreibt der unseriöse Blogger übrigens auch Bücher und Artikel und gewann 2002 den Ingeborg-Bachmann-Preis (Wikipedia). Nachtrag 14.8.: Bleibt noch die Frage: Soll man der Zeitleistenfunktion von Google wirklich vertrauen? Wie ausgerechnet Blogger mittlerweile recherchiert haben: nicht unbedingt. Denn die Zeitleistenfunktion von Google zeigt offenbar nicht die ganze Geschichte der Verwendung des Satzes. "Die Welt ist eine Google" tauchte wohl schon 2004 im Netz auf - als Titel eines Fotos bei Flickr.

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