Zweifelhafter Testsieger: Wie kommt Vattenfall zum Gütesiegel?

Ein unbekanntes Institut verleiht Vattenfall den Titel "Bester Stromanbieter". Ein Konkurrent droht nun, dagegen zu klagen: Wegen "erheblicher Zweifel" an der Seriosität.

So prangt das optisch an Stiftung Warentest-Zitate angelehnte "Gütesiegel" derzeit von Vattenfalls Anzeigen - und auf der Homepage des Konzerns. Bild: screenshot vattenfall.de

"Bester Stromanbieter" - mit dieser Auszeichnung, im Februar 2008 verliehen vom Hamburg Deutschen Institut für Servicequalität (Disq), wirbt der Stromkonzern Vattenfall. Nur: Es gibt Zweifel an dem Disq-Test, in dem 22 Stromversorger untersucht wurden. Der Verdacht: Bei dem Test handelt es sich um eine Art Auftragsarbeit.

Fest steht: Das Testergebnis kam für den Konzern Vattenfall wie gerufen, nachdem er im vergangenen Jahr mit AKW-Pannen und massiven Kundenverlusten zu kämpfen hatte. Und: Das Berliner Stromhandelsunternehmen Flexstrom droht dem Disq nun mit juristischen Schritten.

In einem Schreiben an das Disq, das der taz vorliegt, fordert Flexstrom umfassend Auskunft über das Institut sowie über das Zustandekommen der Studie. Schließlich bestünden "erhebliche Zweifel", heißt es in dem Schreiben, dass die Voraussetzung für die werbliche Verwendung von Testurteilen und wissenschaftlichen Gutachten nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb gegeben seien. Die Beantwortung der Fragen sei im Interesse des Instituts, "da hierdurch etwaige Klärungen durch Gerichte und andere Behörden entbehrlich wären".

In seinen Test hatte das Disq die zehn größten Energieversorger sowie zwölf ausgewählte "wettbewerbsaktive" neue Anbieter untersucht. Darunter: Lichtblick, Yello, Greenpeace Energy, NaturEnergie und Flexstrom. Bewertet wurden Service-Qualität und Tarifkonditionen. Die Firmen wurden 682-mal per Telefon oder E-Mail verdeckt kontaktiert. Bei der Service-Qualität erreichte Vattenfall als einzige Firma die Note "gut". Da dieses Kriterium zu 50 Prozent in die Bewertung einfloss und Vattenfall beim Vergleich der Tarife befriedigend abschnitt, kam das Unternehmen auf den ersten Rang.

Flexstrom will nun vom Institut wissen, wer das Disq mit der Untersuchung beauftragt hat und welche Personen am Test beteiligt waren. Zudem fordert das Unternehmen Auskunft darüber, warum der Titel "Bester Stromanbieter 2008" ausgewählt worden sei, obwohl die Untersuchung überwiegend 2007 stattfand. Darüber hinaus will Flexstrom wissen, ob es Zahlungen von Vattenfall an das Institut gegeben hat und ob sich das Disq selbst als "anerkanntes, neutrales Testinstitut" sieht.

Denn: Das Deutsche Institut für Service-Qualität wurde als GmbH & Co KG am 1. Juni 2006 im Handelsregister Hamburg eingetragen. Alleinige Gesellschafterin war die buscha Verwaltungsgesellschaft mbH, die im Mai 2006 gegründet wurde und deren Geschäftsführer damals Jens de Buhr und Marcus Schad waren.

Laut Eintrag vom 2. August 2006 ist de Buhr aber nicht mehr in der Geschäftsführung, seinen Platz hat Bianca Möller übernommen. Möller war zuvor Mitglied der Geschäftsführung bei der PR-Agentur JDB Media GmbH in der Hamburger Schanzenstraße 70. JDB-Media macht die PR-Arbeit für viele Unternehmen. Die Disq und die JDB-Media haben zweitweise dieselbe Adresse gehabt.

Zwischen der PR-Agentur und dem unabhängigen Institut gibt es also durchaus Verflechtungen. Interessant: Die Disq hat bereits mehrere Preise vergeben - etwa an die Deutsche Bank oder die Hamburger Sparkasse. Und diese Unternehmen finden sich auch in der Referenzliste der PR-Agentur JDB-Media wieder.

Disq-Geschäftsführer Markus Hamer weist allerdings einen Zusammenhang zurück. "Überschneidungen sind rein zufällig", so Hamer. Beide Unternehmen seien im Bereich Finanzdienstleistungen aktiv, da könne das schon mal passieren. Er sagt: "Unser höchstes Gut ist unsere Unabhängigkeit." Das Institut mache allein in diesem Jahr bis zu 40 Studien.

Vattenfall habe die Stromstudie nicht in Auftrag gegeben; diese habe das Institut aus eigenem Antrieb initiiert, erklärte Hamer. Allerdings zahle Vattenfall dafür, das Siegel für den Testsieg für Werbung nutzen zu dürfen. Wie viel Geld geflossen sei, wollte Hamer nicht sagen. Es sei kein sechstelliger Betrag. Vattenfall war für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht zu erreichen.

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