Schaar kritisiert "Google Health" und Co.: Ich weiß, woran Du krankst!

Google und Microsoft arbeiten daran, Patientendaten ins Netz zu bringen. Der Bundesdatenschützer Peter Schaar warnt eindringlich vor diesen Diensten: Missbrauch ist kaum zu verhindern.

Sieht alles ganz harmlos aus: Bild aus der Google-Tour durch "Google Health". Bild: screenshot google.com/health

BERLIN taz Wenn es nach Google ("Health"), Microsoft ("Healthvault") und anderen US-Firmen geht, stellen Patienten künftig ihre gesamten Gesundheitsdaten ins Netz, um sie "sicher, geschützt und kostenlos" (O-Ton Werbung) an einem Ort zu vereinen. Mit dieser Hilfe sollen sie sich mit Ärzten und anderen Gesundheitsversorgern nach Bedarf digital austauschen können. Die Anbieter wollen damit den Papierkrieg im Gesundheitswesen eingeschränken und die Aktualität der Gesundheitsakten sicherstellen.

So schön das auch klingen mag: Datenschützer sehen das kritisch. Peter Schaar, oberster Datenschützer der Republik, warnte nun explizit vor der Verwendung solcher Angebote. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis Angebote kommerzieller ausländischer Dienstleister in Deutschland verfügbar seien, deren Risiken Nutzern bewusst sein müsse.

Als Hauptproblem gab der Bundesbeauftragte für den Datenschutz an, dass die Informationen zu wenig geschützt seien. "Gesundheitsdaten werden bei uns besonders geschützt. Ihre Verwendung ist gesetzlich strikt geregelt. Jede Nutzung für andere Zwecke ist ausgeschlossen." Wer dagegen verstoße, mache sich strafbar. Selbst Strafverfolgungsbehörden dürften die Daten bei Ärzten nicht beschlagnahmen. "Weltweit gibt es einen derartigen Schutz aber nicht", mahnte Schaar.

Tatsächlich fällt etwa "Google Health" auch nicht unter den in den USA gesetzlich geregelten Schutz von Gesundheitsdaten bei Versicherungen und Gesundheitsversorgern, da der Dienst von einem branchenfremden Unternehmen geleistet wird. Entsprechendes hatten US-Beobachter bereits kritisiert.

Schaar warnte auch davor, dass der Schutz der Daten gegenüber Dritten nicht unbedingt gewährleistet sei: "Wenn Unternehmen damit argumentieren, die Web-Patientenakte sei für Ärzte jederzeit verfügbar, um beispielsweise bei einem Unfall zeit- und ortsunabhängig auf die erforderlichen medizinischen Daten zugreifen zu können, stellt sich die Frage, wie ein Missbrauch wirksam ausgeschlossen werden kann."

Google, Microsoft und die anderen US-Anbieter von Web-Gesundheitsakten arbeiten mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Während sich die einen als Dienstleister für Krankenhäuser und andere Gesundheitsversorger sehen und dafür dann von diesen Gebühren verlangen, setzen die anderen auf eine Refinanzierung durch Werbung. Letzteres scheint auch bei Google Health geplant zu sein, gilt der Markt für Pharmareklame in den USA doch als besonders lukrativ. Bislang arbeitet der Internet-Konzern mit mehreren Pilotkrankenhäusern zusammen, um den Dienst "live" zu testen. Das Feedback durch Freiwillige war anfangs jedoch eher schwach, wie das US-Wissenschaftsmagazin Technology Review berichtete.

Dass auch das deutsche Gesundheitssystem in Sachen Datenerfassung noch verbesserungsbedürftig ist, weiß fast jeder Patient: So gilt es vielen Ärzten als sicherste Methode, Befunde oder Bilder dem Betroffenen mitzugeben, damit sie den Facharzt tatsächlich erreichen. Projekte wie die seit langem diskutierte und ebenfalls nicht unumstrittene elektronische Gesundheitskarte (eGK) sollen dieses Defizit beheben.

Schaar argumentiert aber nun, dieses Vorhaben dürfte nicht mit den Web-Gesundheitsakten von Google und Co. verwechselt werden. Schließlich unterliege die eGK automatisch den strikten Vorgaben des deutschen Rechts. "Der Zugriff wird dabei nur möglich sein, wenn der Patient seine eGK vorlegt und mit seinem Geheimcode freischaltet und zugleich der elektronische Heilberufsausweis aktiviert wird."

Die deutschen Datenschützer nehmen die großen US-Internet-Konzerne derzeit verstärkt unter die Lupe: So warnte Schaar jüngst vor dem Google-Angebot "Street View", mit dem der Online-Riese derzeit deutsche Städte wie München, Frankfurt und Berlin flächendeckend fotografiert und die Bilder dann ins Netz stellt.

Im Vorfeld seien wichtige Fragen nicht beantwortet worden, so Schaar: "Werden Kriminelle den Dienst nutzen, um interessante Objekte auszuspähen? Wie werden eigentlich besonders sensible Einrichtungen wie Frauenhäuser vor Ausforschung geschützt?" Sein schleswig-holsteinischer Kollege Thilo Weichert hatte kurz zuvor den Google-Statistikdienst "Analytics" kritisiert. Dieser sende ohne Wissen vieler Nutzer deren Aktivitäten auf deutschen Websites in eine ausländische Datenbank.

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