Kritik an deutschen Einsätzen: Bund vernächlässigt Frauen im Ausland

Die Bundesregierung will sich nicht auf Maßnahmen zur Einbeziehung von Frauen in Friedensmissionen festlegen. Friedensforscherinnen fordern Konsequenzen.

Masken für Frauen, Männer am Verhandlungstisch: die Bundeswehr Bild: dpa

BERLIN taz Die Bundesregierung vernachlässigt bei ihrer Außen- und Sicherheitspolitik die Einbindung von Frauen. Dies geht aus einem Schattenbericht des deutschen Frauensicherheitsrats hervor, der der taz vorliegt. Der Frauensicherheitsrat ist ein deutschlandweites Bündnis von Friedensforscherinnen und Frauen in politischen Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen.

Laut dem Schattenbericht sitzen bei deutschen Friedensmissionen im Ausland meist nur Männer am Verhandlungstisch. Auch ginge man in Flüchtlingslagern auf die Bedürfnisse von Frauen nicht genügend ein, etwa darauf, dass vor sexuellen Übergriffen wirksam geschützt wird. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte sogar 2006 einräumen müssen, dass UN-Soldaten im Auslandseinsatz Verbrechen wie Vergewaltigung und Menschenschmuggel gegenüber Frauen begangen hatten.

Deswegen fordert der Schattenbericht, dass deutsche Mittel an Entwicklungshilfe-Institutionen in Kriegs- und Nachkriegsregionen an ihre Geschlechterkompetenz gebunden werden. Auch müssten deutsche Einsatzkräfte im militärischen und zivilen Bereich für den Auslandseinsatz hinsichtlich der Geschlechterperspektive besser geschult werden. Ein zentraler Punkt sei dabei auch, dass weibliche Kompetenz in gehobenen Positionen dafür sorgt, dass Interessen von Frauen vertreten werden. "Von der Bundesregierung gibt es bisher nur Lippenbekenntnisse", sagte Gitti Hentschel vom Frauensicherheitsrat.

Diese Forderungen sind sogar durch die völkerrechtlich bindende Resolution 1325 der Vereinten Nationen von 2000 gedeckt. Dort wird von den Mitgliedstaaten gefordert, dass Frauen stärker bei der Beilegung von Konflikten vertreten sein sollen, und gleichzeitig mehr Schutz in Kriegssituationen erhalten.

Die Bundesregierung indes räumt sogar ein, dass Handlungsbedarf bei der Umsetzung der UN-Resolution besteht. In einem vom Parlament angeforderten Bericht über entsprechende Maßnahmen heißt es, man sei sich bewusst, "dass von einer vollständigen Umsetzung der Resolution weltweit noch keine Rede sein kann." Gleichzeitig will sie sich aber nicht auf konkrete Ziele, wie etwa eine Frauenquote bei der Besetzung von Posten in Friedensmissionen, festlegen. Im Ressortkreis der Bundesregierung hieß es, Geschlechterfragen würden von den einzelnen Ressorts umgesetzt, unter dem Verständnis, dass das eine Querschnittsmaßnahme sei. Man brauche hier Flexibilität.

Die außenpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, Kerstin Müller, sagte, es fehle der Regierung einfach am politischen Willen. "Das Frauenthema steht eben nicht ganz oben auf der Agenda", sagte sie. Müller fordert einen umfangreichen Aktionsplan, der genau auflistet, wie und bis wann die Regierung Frauen in der Außen- und Sicherheitspolitik fördern und schützen will. Auch die Bundestagsabgeordnete Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) fordert einen stärkeren Einsatz der Bundesregierung. "Es ist unbedingt notwendig, dass Frauenkompetenz bei Friedensmissionen eingebunden wird", sagte sie.

Derzeit haben acht europäische Länder, darunter Großbritannien, Spanien, und die Schweiz einen bindenden, nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Frauenresolution vorgelegt.

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