Kommentar Namensstreit: Mazedonien will Mazedonien heißen

Griechenlands Namensstreit mit Mazedonien torpediert die Einbindungspolitik von EU und Nato. Dabei kann man bei gutem Willen doch sicher einen Kompromiss finden!

Dass vorgezogene Neuwahlen wegen des Namens eines Staates ausgerufen werden, stellt in Europa ein Novum dar. Bisher lautet der offizielle Name des Landes: "Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien". Nachdem aber Griechenland die Aufnahme von Mazedonien in die Nato auf dem Nato-Gipfel in Bukarest blockierte, blieb dem Regierungschef Nikola Gruevski gar keine andere Möglichkeit, als "das Volk" sprechen zu lassen. Mit dem Wahlsieg hat er seine Position gestärkt.

Die Nato und die EU wollen so schnell als möglich eine Lösung des Streites. Denn angesichts der immer noch schwelenden Nationalitätenkonflikte in Mazedonien ist die atlantisch-europäische Perspektive friedenssichernd. Slawen, Albaner und die anderen Minderheiten der Roma, Serben, Bulgaren können sich an diesen Punkt leicht einigen. Die Perspektive der Integration in die EU und die Nato hält wie nichts anderes das Land und die Region zusammen. Nach der Unabhängigkeit des Kosovo sind zudem die Grenzen des Landes international gesichert. Für die albanischen Siedlungsgebiete ist eine großalbanische Lösung nun völlig unrealistisch geworden. Und auch der Nationalismus der slawischen Makedonier hat angesichts der Perspektive Europa nachgelassen. Insgesamt hat sich das Land in den letzten Jahren erfolgreich bemüht, die Anforderungen der Nato und der EU zu erfüllen. Entsprechend unverständlich ist es, warum Griechenland so vehement gegen einen Staat mit dem Namen "Republik Mazedonien" kämpft. Denn niemand will den Griechen ernsthaft ihren "Alexander den Großen" wegnehmen, desgleichen niemand davon ausgeht, dass eine "Republik Mazedonien" Ambitionen hat, sich die gleichnamige Landschaft in Nordgriechenland einzuverleiben.

Wie schon 1991, als über eine Million Griechen gegen die Unabhängigkeit Mazedoniens demonstrierten, drängt sich heute wieder die Frage auf, ob in Griechenland die mit dem Streit verbundenen nationalistischen Stimmungen nicht ab und an wunderbar für innenpolitische Zwecke funktionalisiert werden. Griechenland hat mit der seit Jahrzehnten durchgesetzten konsequenten Assimilationspolitik und der damit verbundenen Unterdrückung der Minderheitenrechte für die erkleckliche Anzahl von Albanern und Slawen im eigenen Land nicht gerade ein Beispiel demokratischer Reife abgegeben. Es ist daher überfällig, dass Griechenland als langjähriges Mitglied der EU endlich und gerade für seine Nachbarn Vorbildfunktion übernimmt. Eine beide Seiten befriedigende Kompromissformel kann doch bei gutem Willen gefunden werden! ERICH RATHFELDER

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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