Unterricht in Drogenfahndung: Eurocops bilden Palästineser aus

In der autonomen Stadt Jericho unterrichten europäische Polizisten ihre palästinensischen Kollegen: Wie löst man am besten Demonstrationen auf?

Fast wie im Zirkus: Ein palästinensischer Polizist beim Training. Bild: rtr

JERICHO taz Trotz Klimaanlage und Ventilatoren steht Karl Friedrich Roland der Schweiß auf der Stirn. In Jericho, der Kleinstadt unmittelbar an der jordanischen Grenze, steht die Luft vor Hitze. Das ist in diesem Fall ganz praktisch. So kann Roland selbst das Versuchskaninchen spielen, um den 25 palästinensischen Polizisten zu demonstrieren, wie man Drogenmissbrauch feststellt. Er fährt sich mit einem Plastikstäbchen über die Stirn und steckt es in die gebrauchsfertige Packung zurück, die ähnlich funktioniert wie ein Schwangerschaftstest. Kurz geschüttelt, und schon hat man das Ergebnis.

Einer der Polizisten scherzt, als der Drogentest herumgereicht wird: "Das hat sich doch noch rot gefärbt", ruft er, "was haben Sie genommen?" Die Klasse lacht, während sich der erfahrene Kripobeamte nicht beirren lässt. Die Ausbildung von Drogenfahndern, ob in Afrika, Asien oder Südamerika, ist Rolands Job. Im Westjordanland gehört er zu insgesamt 35 europäischen Polizeibeamten aus 15 Ländern, die ihren palästinensischen Kollegen unter die Arme greifen.

"EUPOL COPS" steht für "EU-Polizei-Mission in den Palästinensergebieten". Offiziell ging es schon vor gut zwei Jahren los, aber erst in den letzten Wochen scheint die "Mission" richtig in Schwung zu kommen. Sie ist indirekt auch das Ergebnis der Nahostkonferenzen von Annapolis und Paris, wo im Dezember 90 Staaten der Palästinensischen Autonomiebehörde eine Unterstützung von 7,4 Milliarden Dollar zusagten, von denen ein Teil an die Sicherheitskräfte geht.

Der Unterricht findet im eigens von der EU eingerichteten Trainingszentrum in Jericho statt. Einmal üben die Polizisten die Auflösung von Demonstrationen, ein anderes Mal die Festnahme von Dieben und Autoknackern. Eine Demonstration mit Kalaschnikows aufzulösen, birgt die Gefahr der Eskalation. Die europäischen Polizisten predigen stattdessen Methoden, um das Gewaltpotenzial zu reduzieren. Es sei besser, einem Dieb Handschellen anzulegen, als ihn mit der Pistole zu bedrohen, so die Botschaft der freundlichen Helfer aus Europa.

Nicht selten aber hapert es an der passenden Ausrüstung. Wie soll man einem Ganoven Handschellen anlegen, wenn man gar keine hat? Auch bei der Drogenfahndung fehlt es an allen Ecken und Ecken. "Das geht jetzt ins Labor zur genaueren Untersuchung", sagt Roland, als das Teststäbchen mit seinem Schweiß die Runde gemacht hat und wieder bei ihm landet. Ein solches Labor gibt es im gesamten Westjordanland aber nicht. Es würde Millionen von Euro kosten. Die palästinensischen Drogenfahnder hoffen auf die Berliner Konferenz Ende Juni, bei der über die Finanzierung konkreter Projekte der zivilen Palästinenserpolizei beraten werden soll. Rolands Budget reicht vorerst gerade einmal für ein paar Computer, Drucker und Faxgeräte.

Die palästinensischen Polizeiquartiere sind in den Jahren der Zweiten Intifada immer wieder unter den Beschuss der israelischen Soldaten geraten und müssen fast komplett neu bestückt werden. Das Bundeskriminalamt schickte auch ein paar Kisten mit praktischen Suchgeräten. Das ist ein mit einem kleinen Lämpchen und einem Spiegel ausgestatteter verlängerbarer Stab, der ursprünglich für die Reparatur von Fernsehern konstruiert wurde, sich aber auch bei der Suche nach Drogen in Fahrzeugen bewährt hat.

Im Westjordanland sind vor allem Cannabis und Ecstasy verbreitet. Polizist Bader Habaybe ist den skrupellosen Händlern seit 14 Jahren auf der Spur. "Unser größtes Problem ist die Nähe zu Israel", erklärt er. Fast alle Drogen werden direkt aus Israel oder aus Ägypten und Jordanien via Israel in die Palästinensergebiete eingeschmuggelt. "Es finden praktisch keine Grenzkontrollen statt", schimpft der 31-jährige Polizist. Außerdem mangele es an einer Zusammenarbeit mit den israelischen Kollegen.

Die Soldaten an den Straßenkontrollpunkten überprüfen die Fahrzeuge in der Regel nur bei der Einreise nach Israel. Außerdem suchen sie eher nach Sprengstoff und Waffen als nach Drogen. Und außerdem agieren die israelischen Sicherheitskräfte in den sensiblen Grenzgebieten und in den weniger bevölkerten Zonen, während die palästinensische Polizei in den Städten eingesetzt ist. Für die Drogenfahnder endet die Verfolgungsjagd also meist dort, wo Israelis für die Sicherheit zuständig sind.

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