die wahrheit: Die Leichtigkeit der Liebe

Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Hand in Hand auf der Flucht.

Offiziell geht es so steif zu, da tollen die Sarkozys privat lieber ausgelassen durch den Élysée-Palast. Bild: reuters

Mon cher journale intime …

Ich bin immer noch nicht schwanger. Aber wir hatten ein wunderbares Wochenende! Endlich wieder Zeit für uns. Keine Termine, kein Empfang. Nur Nici und ich. Aurélien (der Sohn Carla Brunis aus einer früheren Beziehung, Anmerk. d. Red.) ist bei Maman, schließlich braucht er neben dem Internat auch Familie. Wir haben bis um zehn im Bett gelümmelt, und weil wir uns nicht entscheiden konnten, ob wir uns ins samstägliche Getümmel stürzen wollten oder uns lieber einen Gemütlichen zu Hause machen, hatte ich die Idee, wir könnten durch den Palast schlendern. So wie Fremde. Zuerst hat Nici wieder nichts verstanden. "Wieso fremd? Wir wohnen doch hier!" Aber dann war es doch sehr lustig.

Wir taten so, als seien wir Eindringlinge, und niemand sollte uns entdecken. Wir hatten so viel Spaß! Wir waren quasi ständig auf der Flucht vor dem Palastpersonal, das wir "die Bewacher" nannten. Hand in Hand sind wir durch das riesige Haus gelaufen wie in einem Schwarzweißfilm aus den Sechzigerjahren. So ausgelassen war ich lang nicht mehr. Zweimal haben wir uns geliebt. Im Gästebad, was leider etwas kalt war auf den Marmorfliesen, und unter dem Treppenaufgang im Ostflügel. Wenn nur das Leben immer so sein könnte, so leicht und unbeschwert!

Ich habe es befürchtet: Berlusconis Wahlsieg bestärkt Nici in der Absicht einer Operation. "Siehst du", hat er gesagt, "man muss nur jung aussehen, dann nehmen einem die Menschen die Überlegenheit auch ab!" Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass seine Werte nicht besser, das Volk nicht zufriedener wäre, wenn er jünger aussehen würde. Aber gegen die schlechtesten Umfragewerte, die ein französischer Präsident je hatte, komme ich mit Logik nicht an. Im Gegenteil, Nici wurde immer aufgebrachter.

Zum Glück stand meine Gitarre griffbereit neben dem Sofa. Ich habe ganz zart ein Lied für ihn gesungen: "Mein kleiner Präsident / Du regierst mit harter Hand und auch Verstand / Doch das Leben ist kein Film / Es ist vielmehr ein Tier / Mal ist es wild und bunt / Dann wieder wie Kätzchen auf Deinem Schoß / Lass mich die kleine Katze sein / Mein kleiner Präsident."

Nici ist dabei ganz sanft geworden, hat seinen Kopf auf meinen Beinen abgelegt und ganz tief geatmet. Es war schön und innig. Einen neuen Botox-Termin hat er sich trotzdem geben lassen. Obschon der letzte gerade fünf Wochen her ist. Irgendetwas ärgert ihn an Berlusconi. Wahrscheinlich weil der sein Kabinett mit vorwiegend attraktiven Frauen besetzt, während die Grande Nation mit lauter Vogelscheuchen auf die internationalen Termine muss.

Und ich?!? Als hätte ich es geahnt, soll ich mich doch tatsächlich, um das Image als standesgemäße Première Dame zu festigen, mit Köchen in der Palastküche fotografieren lassen! Ich fasse es nicht! Diese PR-Berater sind allesamt Schwachköpfe. Wenn die nur ein bisschen wach wären, wüssten sie, dass sich ein Raum mit Kupfertöpfen nie vernünftig ausleuchten lässt. Die Gesichter werden immer gelb!

Ach, liebes Tagebuch, ich weiß gar nicht, was ich denken soll. Ich war vorhin in Saint Germain unterwegs, als mich eine blinde Wahrsagerin ansprach. Sie wolle mir aus der Hand lesen. Keine Ahnung, wie sie das macht. Das Praktische aber ist, dachte ich mir, dass sie ja nicht weiß, wer ich bin, das ist ja mal eine gute Voraussetzung. Wer weiß, von welchem Zeitungsschund sie sonst beeinflusst wäre. Also gab ich ihr meine Hand. Sie war ganz angetan von meiner Lebenslinie, die lang und kraftvoll sei. Ich müsse mir keine Sorgen machen, sagt sie, ich sei eine Person, die immer gut durch das Leben kommen werde. Und sie las in meiner Hand, dass ich Freude an den kleinen Dingen hätte. Das Kleine, sagte sie, spiele in meinem Leben eine große Rolle.

Mein Herz begann wild zu pochen, ein Kind, vielleicht doch noch eine Schwangerschaft! Aber nein, meinte sie, "le petit" sei bereits da. Es sei das, was jetzt meine volle Aufmerksamkeit fordere. Mein Mann, na toll! Außerdem sah sie, dass ich viel allein bin. Da musste ich weinen, ich fühlte mich schrecklich ertappt. "Seien Sie nicht traurig, Kind!", sagte die Hellseherin, "Sie haben noch Großes vor sich! Haben Sie mal daran gedacht, Ihren Gefühlen durch Musik Ausdruck zu geben?"

Ach, mein liebes Tagebuch, was soll ich bloß tun? Jetzt, wo meine Plattenaufnahmen ruhen müssen, weil es sich für eine First Lady Frankreichs nicht ziemt, die Charts anzuführen …

Sonntag, 20. 4., nachts

Nici und ich waren in der Oper. "Madame Butterfly". Ihr Schicksal - mein Schicksal. Ich habe so weinen müssen! Nici hat sofort einen Arzt kommen lassen, weil er dachte, ich hätte was im Auge. Am Donnerstag will er zur Lage der Nation ein Live-Interview geben. Ich hoffe, er stellt sich dabei weniger dämlich an.

SILKE BURMESTER

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Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

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kari

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