Moscheebau: "Wir haben den Schafspelz nie gesehen"

Anwohnerinitiative misstraut dem Verein Inssan, der in Charlottenburg ein islamisches Kulturzentrum bauen will. Der Journalist Ian Johnson hat die Initiative Verbindungen von Inssan zur Muslimbruderschaft recherchiert.

Die dürfen bauen: Kuppel der Ahmadiyya-Moschee in Heinersdorf Bild: dpa

taz: Herr Johnson, ist der Verein Inssan ein Wolf im Schafspelz?

Ian Johnson: So kann man das sehen, wenn man Inssan zuvor als integrationsfreundlich betrachtet hat. Diesen Eindruck hatten wir nie. Insofern haben wir den Schafspelz nie gesehen.

Der Verein gilt mit Aktionen wie beispielsweise gegen Zwangsheirat als liberal.

Ja, Inssan leistet medienwirksame Arbeit. Aber wenn es um echte religiöse Fragen geht, ist das ein erzkonservativer Verein. Das bestätigt das Bundesinnenministerium ebenso wie Innensenator Ehrhart Körting.

Was ist Ihre Kritik an Inssan?

Ich möchte betonen, dass wir Inssan nicht für gewalttätig oder gefährlich halten. Es ist aber auch kein integrationsfreundlicher Verein. Denn Inssan hat sehr enge Verbindungen zur Islamischen Gemeinschaft Deutschland (IGD), die vom Verfassungsschutz wiederum als Vertretung der Muslimbruderschaft in Deutschland gesehen wird.

Über 70 Seiten an Informationen hat die Anwohnerinitiative "Menschen am Mierendorffplatz" über den islamischen Verein Inssan gesammelt. Der will in ihrem Kiez ein über 4.000 Quadratmeter großes islamisches Kulturzentrum mit Moschee bauen. Die Mitglieder der Initiative bezweifeln den liberalen Charakter des Vereins und belegen dessen enge Verbindungen zu Organisationen der Muslimbruderschaft. Der zuständige Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) verweigerte nun den Bauvorbescheid.

Dass es solche Kontakte gibt, ist bereits bekannt. Sie beschreiben Inssan aber als eine Art Tarnorganisation der Muslimbrüder. Wie belegen Sie das?

Tarnorganisation geht ein bisschen zu weit. Ich würde sagen, es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Inssan als eine Art Türöffner für die Muslimbruderschaft fungieren soll. Das Neuköllner Grundstück etwa, auf dem Inssan zunächst bauen wollte, wurde schon vor der Gründung des Vereins gekauft, und zwar von IGD-Chef Ibrahim El-Zayat als damaligem Vertreter des European Trust. Da kann man nicht mehr von gelegentlichen Verbindungen sprechen.

Sie sagen "Türöffner" - was wollen denn die Muslimbrüder in Berlin, was befürchten Sie?

Die Muslimbrüder haben das Ziel, die Gesellschaft mit legalen Mitteln zu islamisieren. Das bedeutet nicht, dass sie versuchen, Nichtmuslime zu bekehren. Wir befürchten, dass sie versuchen, aus den in Deutschland lebenden Muslimen in ihrem Sinne sozusagen bessere Muslime zu machen. Und das ist nicht integrationsfördernd, sondern ein Versuch, abgeschlossene Orte schaffen, wo man Scharia-konform leben kann.

Wie werden Sie nun weiter vorgehen?

Wir haben unsere Informationen bereits in der vergangenen Woche an einige Politiker weitergeleitet. Wir wollen eine offene politische Debatte über Inssan bewirken. Bisher haben sich die politischen Vertreter dieser Debatte entzogen. Unsere Befürchtung, dass das so entstehende politische Vakuum von den Rechten besetzt werden würde, hat sich leider bestätigt - es gibt schon Flugblätter und Aktionen von rechten Gruppierungen gegen die Moschee. Mit denen haben wir nichts zu tun.Wir sind auch nicht generell gegen Moscheebauten, wir befürworten Moscheen in Charlottenburg. Aber wir fragen uns, ob man ein so großes Projekt gerade diesem Verein überlassen sollte.

Innensenator Körting hält Inssan für dialogbereit. Haben Sie den Dialog mit dem Verein über die Ergebnisse Ihrer Recherchen schon begonnen?

Noch nicht. Wir haben Inssan im vergangenen Juli bei einem Kiezfest kennengelernt, auf dem der Verein sich als eine kleine Gruppe von dialogbereiten aufgeklärten Leuten präsentierte, die in den Kiez ziehen will. Wir fanden, das klingt gut. Es war damals keine Rede davon, dass sie eines der größten islamischen Kulturzentren Berlins bauen wollten. Im August stellte sich dann heraus, dass der Bauvorantrag dafür bereits gestellt war. Ich finde das für einen Verein, der offen sein will, eine komische Art, Dialog zu führen. INTERVIEW: ALKE WIERTH

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