Wer wird SPD-Kanzlerkandidat?: Ruf nach Urabstimmung wird lauter

Michael Naumann, Exspitzenkandidat der Hamburger SPD, will, dass in einer Urabstimmung über den Kandidaten entschieden wird. Laut Umfrage sind 91 Prozent der Mitglieder dafür. Thierse warnt vor Illusionen.

Will Michael Naumann (r.) die Mitgliederabstimmung durchboxen, um Becks Tollpatschigkeit in Sachen Linkspartei abwatschen zu lassen? Bild: dpa

BERLIN ap Die Debatte über eine Urwahl zur Bestimmung des SPD-Kanzlerkandidaten spitzt sich zu. Der frühere Spitzenkandidat der Hamburger SPD, Michael Naumann, sprach sich für einen Mitgliederentscheid aus, sofern es einen Gegenkandidaten zu Parteichef Kurt Beck gebe. Zuvor hatte der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck das Mittel der Urwahl abgelehnt.

Naumann schrieb in der neusten Ausgabe der Zeit: "Wenn sich der Parteivorsitzende seiner Kanzlerkandidatur nicht sicher ist, kann er auf das Mittel zurückgreifen, das einem seiner Vorgänger, Rudolf Scharping, in der Stunde politischer Not zur Verfügung stand: Er kann sich in einer Mitgliederumfrage zur Wahl stellen."

Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck sprach sich gegen eine Urwahl des SPD-Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2009 aus. Der "Märkischen Allgemeinen" sagte der frühere SPD-Bundesvorsitzende: "Ich halte es für gut, richtig und sinnvoll, wenn wir bei dem bewährten Prozedere bleiben: Der Parteivorsitzende macht zu Beginn des Wahljahrs seinen Vorschlag, der dann von einer breiten Mehrheit getragen wird. Von Urwahlszenarien halte ich wenig."

Erst am Wochenende hatten 91 Prozent der SPD-Mitglieder in einer Emnid-Umfrage den Anspruch von Parteichef Kurt Beck zurückgewiesen, wonach er "zum richtigen Zeitpunkt im Herbst oder Anfang nächsten Jahres" seine Vorstellungen präsentieren wolle. Nach Vorstellung der Befragten sollten die Parteimitglieder und nicht Delegierte oder der Parteichef den Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel 2009 bestimmen.

Der Kieler SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels sagte allerdings in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wenn Beck nicht sich selbst oder einen anderen als Kandidat sondern seinerseits einen Mitgliederentscheid vorschlagen sollte, dann würde "allein die Ankündigung mögliche andere Kandidaten verschrecken, die nun hinter Büschen hocken." Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse warnte in der FAZ vor Illusionen: "Der Kandidat, den die Partei will, muss nicht unbedingt der sein, den die Deutschen als Bundeskanzler wollen."

Scharping war als Nachfolger von Björn Engholm 1993 von der Basis zum Parteichef gewählt worden. Er konnte jedoch als Kanzlerkandidat ein Jahr später gegen Helmut Kohl nicht bestehen.

Scharpings Gegner bei der Urwahl waren seinerzeit Gerhard Schröder und Heidemarie Wieczorek-Zeul. In der aktuellen Debatte werden anstelle von Beck dessen Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier (Außenminister) und Peer Steinbrück (Finanzminister) als mögliche Kanzlerkandidaten gehandelt.

Die SPD würde nach einer Umfrage zur Zeit weiterhin nur 22 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Bei der wöchentlichen Umfrage des Hamburger Magazins Stern und des Fernsehsenders RTL kam die SPD nun schon zum zweiten Mal auf diesen tiefsten Wert.

Die Union dagegen konnte laut Magazinbericht einen Prozentpunkt gewinnen und liegt nun mit 38 Prozent 16 Punkte vor der SPD. Bei den übrigen Parteien gab es im Vergleich zur Vorwoche keinerlei Veränderungen. Die Linkspartei kommt demnach auf 14 Prozent, Grüne und FDP erreichen jeweils elf Prozent. Damit kämen CDU/CSU und FDP gemeinsam auf 49 Prozent, SPD mit Grünen und Linken auf 47.

Den Angaben zufolge befragte das Forsa-Institut 2.000 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger vom 17. bis 20. März.

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