stadtentwicklung: Böser Investor will fair handeln

Im Konflikt um die Zukunft des RAW-Tempels in Friedrichshain stehen die Zeichen auf Entspannung: Der Eigentümer plant ein alternatives Viertel. Die Nutzer sind vorsichtig optimistisch.

Einzelhandel mit dem Schwerpunkt auf Bio und Fair Trade, eine Kunsthalle mit günstigem Arbeitsraum für Kreative, Neubauten für generationenübergreifendes Wohnen, autofrei soll das Gelände bleiben und die Gebäude sollen mit Geothermie umweltschonend beheizt werden - sieht so ein böser Investor aus?

Der neue Eigentümer des rund sieben Hektar großen ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes (RAW) zwischen Warschauer Brücke und Revaler Straße in Friedrichshain will auf dem größtenteils brachliegenden Gelände ein neues alternatives Viertel errichten. Am Mittwoch stellte Moritz Müller als Beauftragter des Investors den Verordneten des Stadtplanungsausschusses des Bezirkes bei einem Ortstermin auf dem Gelände die Pläne vor. Er machte zugleich deutlich, dass die Planungen erst ganz am Anfang stünden. Mit dem Umbau soll nicht vor dem Jahr 2010 begonnen werden. "Ich kann mir im Moment alles vorstellen", sagte Müller.

Rund 250 Personen waren als Gäste zur Ausschusssitzung gekommen, viele von ihnen gehören derzeit schon zu den Nutzern des Geländes. Die meisten waren überrascht: So böse scheint der böse Investor doch nicht zu sein.

Nachdem das Werk 1994 den Betrieb eingestellt hatte, hatten soziokulturelle Initiativen vor allem die leer stehenden Gebäude am Nordrand des Geländes in Beschlag genommen. Das Angebot an Kultur und Sport, Partys und Bars, der Skaterhalle und dem zum Kletterturm umfunktionierten Bunker zieht bis heute viele Besucher an.

Diese Nutzer fürchteten Schlimmes, als die bundeseigene Immobiliengesellschaft Vivico das Grundstück im vergangenen Jahr verkaufte. Neuer Eigentümer wurde die R.E.D. Berlin, eine Gesellschaft im Besitz der isländischen Kapital North EHF und der R.E.D. Holding Deutschland. Die Nutzer befürchteten, dass die erhaltenen Gebäude zerstört werden und Supermärkte auf das Gelände kommen.

Nachdem der Investor nun ganz andere Pläne vorgestellt hat und auch seine Kooperationsbereitschaft betont hat, macht sich Zuversicht breit. "Es ist alles passiert, was ich mir für heute erhofft hatte", sagt Raimund Reintjes vom Verein RAW-Tempel, einem der größten Nutzer auf dem Gelände.

Dennoch bleiben bei den Nutzern Zweifel. Schließlich hatte der Investor in den vergangenen Monaten für Verwirrung gesorgt, als er zum Beispiel mit den Nutzern einzeln über eine Verlängerung der Mietverträge verhandelte, anstatt eine Gesamtlösung für alle anzustreben. Die Überraschung über die Präsentation des Investors stand vielen im Gesicht geschrieben.

Vonseiten des neuen Eigentümers heißt es nun, es sei da wohl anfangs zu Anlaufschwierigkeiten und Missverständnissen gekommen - nun gelte es, nach vorne zu schauen.

Zwei Konflikte deuten sich bereits an: Die Skater sollen nach den Wünschen des Investors in eine dann neu zu bauende Halle umziehen. Auch der Kletterbunker soll weichen. Die Nutzer wollen dagegen die historischen Gebäude erhalten.

Die Bezirksverordneten von SPD und Grünen kündigten an, die weitere Planung kritisch zu begleiten. Die derzeitigen Nutzer dürften nicht vertrieben werden. Der Investor ist auf einen Bebauungsplan des Bezirkes angewiesen, um seine Pläne umzusetzen. Hier liegt der Hebel für den Bezirk in den weiteren Verhandlungen. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) sagte, er sei "optimistisch, dass es gelingt, die Interessengegensätze im Rahmen des Prozesses einvernehmlich aufzulösen". Noch im Februar wird sich erstmals eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Bezirksvertretern, Investor und Nutzern, treffen.

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