68er-Retrospektiven im ZDF: Nachruf auf ein Jahr

Der ZDF-Programmschwerpunkt "68 - Pop und Politik" erinnert an die Zeit, als alle zusammenkamen - aber auch an den Zerfall der Bewegung.

Monica Neven Du Mont mit ihrer Hippie-Großfamilie. Bild: ZDF/Monica Neven du Mont

Als sich 1968 im Hof der Philosophischen Fakultät der Belgrader Universität die rebellierenden Studenten und Künstler versammelten, sagte die serbische Dichterin Desanka Maksimovic: "Merkt euch das Gefühl, das ihr jetzt habt, ihr werdet ein Leben lang davon zehren."

04. 2., 0.00 Uhr: "The Big Pink".

11. 2., 0.15 Uhr: "Der subjektive Faktor".

18. 2., 0.15 Uhr: "In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod".

25. 2., 0.35 Uhr: "Pop Odyssee: Die Beach Boys und der Satan"

Das, was man "68" nennt, war eine Art Virus, eine ansteckende Gesundheit oder Krankheit - je nachdem. Sie wurde ab Anfang der Sechzigerjahre, vielleicht von Berkeley/Kalifornien aus, virulent - und erfasste über das neue Medium Fernsehen nahezu die gesamte Weltjugend. Alle kamen und alles kam zusammen. Das gipfelte im Mai 1968 im französischen Generalstreik - und zerfiel danach langsam wieder: in kleine Gruppen, Projekte, bis auch diese über die Alternativbewegung atomisiert wurden.

In Berlin fand man auf dem Tunix-Kongress 1978 einmal noch zu einer gemeinsamen Sprache zurück, angesichts des staatlichen Übereifers bei der Zerschlagung der letzten antiautoritären Symptome. Dennoch behauptete noch lange danach jedes reaktionäre Arschloch, damals dabei gewesen, von "68" infiziert worden zu sein. Inzwischen distanzieren sich aber selbst die einst treibenden Kräfte. "Am Anfang waren wir zwölf - und nun sind wir wieder genauso viele", bemerkte 2006 der SDSler H. D. Heilmann.

Zum 40-jährigen Jubiläum überbieten sich die Medien dennoch mit 68er-Retrospektiven. Und siehe da: Das ZDF zeigt dabei mit dem 1980 entstandenen Film "Der subjektive Faktor" von Helke Sander nicht das Überholte der 68er-Ideen, sondern im Gegenteil: dass sie immer aktueller werden. Stellenweise bekommt man sogar den Eindruck, die Regisseurin hätte extra für das Jubiläum einige (Dialog-)Szenen neu gedreht.

"The Big Pink" aber, der Dokumentarfilm, mit dem das ZDF morgen seinen kleinen Fernsehspielschwerpunkt über "68 - Pop und Politik" beginnt, greift etwas weiter zurück. Er handelt von Edelhippies, die als Großfamilie - eine Frau, ihre drei Männer und fünf Kinder - an wechselnden Plätzen mit good vibrations leben, in Thailand, Tansania und im Tessin, und dort möglichst wenig arbeiten. Erst kürzlich wurde ihnen das alles too much, und sie vereinzelten sich wieder. Bis auf einen Teil der Kinder, der nun updated als kalifornische Rockband durch Europa tourt. Einer ihrer Väter, bei der UNO untergekommen, meint rückblickend: "Die Idee der Kommune ist perfekt." Das könnte heißen: Nur ihre Form der Realisierung war es noch nicht.

Der dritte Film in der 68er-Reihe des ZDF nennt sich eine "Pop-Odyssee" und spielt in Kalifornien: "Die Beach Boys und der Satan". Damals gab es noch keine Jugendlichen, sondern nur junge Erwachsene. Und so sahen die Beach Boys auch aus - anfänglich. Aber dann trieben sie es, langhaarig geworden, so doll mit Sex, Drugs & Rock n Roll, dass sie um ein Haar in den Satanismus der Landkommune von Charles Manson verwickelt worden wären.

Mansons "The Family" ermordete 1969 unter anderem Sharon Tate, die Hollywood-Schauspielerin und Ehefrau von Roman Polanski. An dem Punkt schlug angeblich Love, Peace & Happiness in "Hass" und "Mordlust" um. "Ab da wurde man auch beim Trampen nicht mehr mitgenommen", heißt es im Film. Gleichzeitig radikalisierte sich aber die Anti-Vietnam-Bewegung. Der Regisseur des ZDF-Dokumentarfilms, Christoph Dreher, zog es jedoch vor, stattdessen den gemütlich gewordenen Beach Boy Brian Wilson am Klavier zu begleiten. Dessen Band trat zuletzt im Ostberliner Knaack Club auf. Während der Knacki Charly Manson zwischenzeitlich "mit dem Punk eine Renaissance erlebte".

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