Gewalt in Kenia: Morde mit Macheten

Erneut sind bei Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen Tote zu beklagen. Oppositionsführer Raila Odinga kündigt weitere Proteste an.

In einigen Slums von Nairobi werden politische Auseinandersetzungen lieber mit der Machete geführt. Bild: dpa

NAIROBI taz Der auf drei Tage angesetzte Protestmarsch der kenianischen Opposition war gerade vorbei, da gingen die Ausschreitungen rund um Eldoret im Rift Valley erst richtig los. Banden ethnischer Kalenjin ziehen seit Samstag durch die Dörfer rund um die von Militär und Polizei geschützte Stadt. Sie verfolgen Angehörige der Kikuyu-Volksgruppe, zu der auch der umstrittene Präsident Mwai Kibaki zählt und zünden Häuser an.

"Während wir sprechen, sehe ich von den Klosterfenstern gut anderthalbtausend Angreifer, die mit Macheten, Knüppeln und Pfeil und Bogen bewaffnet sind", berichtete der Mönch Dominic Vincent Nkoyo am Samstag in einem verzweifelten Telefongespräche der kenianischen Tageszeitung Daily Nation. In seinem Kloster in der Nähe von Kipkelion hat er 600 Vertriebene, vor allem Kikuyu, aufgenommen. Als die Polizei endlich eintraf, standen die das Kloster umgebenden Häuser längst in Flammen und mindestens sechs Menschen waren tot.

Auch aus den Slums der Hauptstadt Nairobi mehren sich Berichte über Gangs, die nachts von Tür zu Tür gehen und Angehörige jeweils feindlicher Ethnien mit Macheten erschlagen. "Bei uns in Kawangware haben sie die Häuser aller Luo mit Farbe gekennzeichnet", berichtet ein verängstigter Bewohner, der seinen Namen nicht nennen will. Die tatsächliche Zahl der Toten in den Armenvierteln ist unklar, doch die offizielle Zahl von landesweit rund 500 Toten ist mit Sicherheit viel zu niedrig angesetzt.

Oppositionsführer Raila Odinga, der der Volksgruppe der Luo angehört und den Sieg bei der Präsidentenwahl für sich in Anspruch nimmt, kündigte trotz der anhaltenden Gewalt für den kommenden Donnerstag neue Demonstrationen an. Damit widersprach er seinen vorherigen Zusagen, die Proteste vorerst auszusetzen. Zahlreiche Oppositionsanhänger waren in der vergangenen Woche bei den verbotenen Aufmärschen ums Leben gekommen. Der Polizei wird vorgeworfen, Demonstranten willkürlich zu erschießen, um eine Atmosphäre der Angst zu schaffen.

Der EU-Entwicklungskommissar Louis Michel, der am Samstag in Nairobi Gespräche mit beiden Seiten führte, rief zu einer "Ruhe der Waffen und der Worte" auf. "Wir müssen die Situation beruhigen, dazu wäre ein bisschen Schweigen sehr hilfreich."

Doch die Regierung schaltete am Sonntag wieder ganzseitige Anzeigen in den Zeitungen, in denen sie der Opposition "ethnische Säuberungen" vorwirft. Odinga rief seine Anhänger auf, weiterzukämpfen: "Es spielt dabei keine Rolle, wie lang es dauert und wie hoch der Preis ist."

Ausgeflogen wurde am Samstagabend der Berliner Jazzmusiker Andrej Hermlin, der am Donnerstag wegen angeblichen Terrorismusverdachts festgenommen worden war. In einem 48-stündigen diplomatischen Marathon hatte sich der deutsche Botschafter erfolgreich für die Freilassung Hermlins und eines befreundeten Fotografen stark gemacht.

Hermlin, der mit einer Kenianerin verheiratet ist und ein Haus in Kenia besitzt, hatte sich schon seit Monaten für Odinga als Präsidenten ausgesprochen. Seit Anfang des Jahres hatte er keine Gelegenheit ausgelassen, an der Seite Odingas aufzutreten, den er seit den Neunzigerjahren kennt.

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