Wikipedia-Gründer startet Suchmaschine: Attacke auf Google

Jimmy Wales, Gründer des Online-Lexikons Wikipedia, will nun auch kommerziellen Erfolg: Sein Start-up Wikia will mit einer neuartigen Suchmaschine Google Konkurrenz machen.

Community-Visionär und Business-Mann: Wikipedia-Vater Jimmy Wales. Bild: dpa

Der 7. Januar wird ein wichtiger Tag für Jimmy Wales, bekannt als Wikipedia-Erfinder. An jenem Montag geht, nach einer länglichen Ankündigungs- und Hypephase, endlich das Projekt "Wikia Search" online - in einer Testversion. Das Ziel ist mehr als ambitioniert: "Wir wollen Google angreifen", sagt Wales, "und das mit einer Suchmaschine, bei der die redaktionellen Entscheidungen von der Öffentlichkeit getroffen werden". Auch die verwendete Software soll im Gegensatz zum geschützten Algorithmus des Internet-Giganten offen und für alle zugänglich sein. So soll das aktuelle Suchmonopol gebrochen werden, dass sich bei nur wenigen Internet-Riesen konzentriert.

Für den Anfang fällt das Projekt Wikia Search allerdings recht klein aus: zwischen 50 und 100 Millionen Pages sollen zum Start durchsuchbar sein. Das ist nur ein Miniausschnitt des Web, von dem Google & Co. bereits heute Milliarden Einzelseiten erfassen. Aber um den schnellen durchschlagenden Erfolg geht es bei der Alpha-Version auch nicht: Die neue Suchmaschine soll durch die Öffentlichkeit ausgiebig getestet werden können, um Schwachstellen aufzufinden und neue Funktionen zu entwickeln. Während normale Anbieter auf Software statt auf Menschen setzen, nutzt Wales' Projekt einen kombinierten Ansatz. Dabei will er auf Erfahrungen setzen, die er bei Wikipedia machen durfte: Dass eine große Gemeinschaft friedlich wie sinnvoll zusammenarbeiten kann, um relevantes Wissen für die Welt zu schaffen.

Das Beziehungsgeflecht hinter Wikia Search ist allerdings zunächst ein wenig kompliziert. Wales, mit Spitznamen auch "Jimbo" genannt, ist der Welt wie erwähnt vor allem als Gründer und Gesicht der spendenfinanzierten wie gemeinnützigen Internet-Enzyklopädie bekannt. Er hat aber auch noch ein zweites Leben - als kommerzieller Web-Unternehmer. Das lässt sich seit 2004 auf den Nenner Wikia bringen. Die Firma mit Sitz im kalifornischen San Mateo ist ein relativ typisches Internet-Start-up - 60 Angestellte, Dienstleistung Online-Service, Geschäftsmodell Werbefinanzierung.

Dennoch haben Wikipedia und Wikia etwas miteinander zu tun: Sie bauen beide auf der gleiche Software auf, die sich "MediaWiki" nennt. Während auf dieser Plattform bei Wikipedia ein Online-Lexikon läuft, kann sich bei Wikia jeder ein eigenes solches Wiki für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle zusammenbasteln. Die grundlegende Technik der Editierbarkeit durch jeden Nutzer ist beiden gemeinsam. Während Wikipedia werbefrei und nichtkommerziell ist, stecken in den Wikia-Wikis allerdings Reklameblöcke von Google und Fastclick, an denen die Firma mitverdient.

Wie gut Wikia mit dem derzeitigen Geschäftsansatz läuft, ist unklar - ihre Zahlen darf die nicht an der Börse gelistete Firma, der auch mehrere wichtige Wikipedia-Köpfe angehören, für sich behalten. Risikokapitalgeber und Partnerfirmen wie Amazon haben aber mindestens 14 Millionen Dollar investiert. Für das neue Projekt einer Suchmaschine scheint das zunächst nicht viel, doch für den Erwerb erster Technologien reicht es durchaus.

Geld verdienen soll der neue Wikia-Geschäftsbereich Search ebenfalls durch Werbung - für Google und seine Konkurrenten schon lange ein lukratives Business, weil sich Internet-Reklame über die eingegebenen Suchbegriffe gezielt steuern (und damit auch prima verkaufen) lässt. Es ist unklar, ob Wikia von diesen Einnahmen etwas an seine menschlichen Mitarbeiter abgeben wird, die das Unternehmen seit Monaten für das Suchmaschinenprojekt anwirbt.

Gerecht wäre das schon: Schließlich versucht das kommerzielle Unternehmen, mit Wikia Search nicht nur eine "Bewegung" zu schaffen, "Suchmaschinen frei und transparent zu machen", wie es Wales' Wikia-Kollege Gil Penchina sagt. Sollte das grobe Ziel der Firma erreicht werden, fünf Prozent des Suchmarktes abzudecken, wäre das ein sehr lukratives Geschäft. Während beim Onlinelexikon Wikipedia die Gemeinschaft kostenlos für ein gemeinsames Ziel arbeitet, von dem alle Menschen profitieren, muss Wikia an seine Aktionäre denken. Dennoch hat allein der Name Wales bereits viele Interessierte angezogen, die sowohl an der Wikia Search-Software als auch an Ideen basteln wollen, die Welt der Wikis mit Suchmaschinen zu kombinieren. Erste Ergebnisse kann man ab nächste Woche sehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.