Angriffe im Gazastreifen: Israel kämpft gegen Kassam-Raketen

Beim Angriff der Armee im Gazastreifen kommen sechs bewaffnete Palästinenser ums Leben. Mit gezielten Tötungen soll der anhaltende Beschuss Israels unterbunden werden.

Milizen mit mobilen Kassam-Abschussbasen sollen gezielt aufgespürt werden. Bild: dpa

JERUSALEM taz Die Meldung über die Zahl der von der Armee getöteten militanten Palästinenser im Gazastreifen gehört zum täglichen Brot der israelischen Zeitungen. Auch am Mittwoch kamen wieder sechs Angehörige verschiedener Terrorgruppen bei Angriffen aus der Luft oder im Feuer der Bodentruppen ums Leben. Im Monat Dezember waren es insgesamt 40 bewaffnete Männer. "Die Maßnahmen der israelischen Armee", so heißt es in einer Stellungnahme des Militärs, "werden unter unbedingten Sicherheitserwägungen vorgenommen." Dabei ginge es auch um die Sicherheit palästinensischer Zivilisten.

Seit Wochen spricht Israels Verteidigungsminister Ehud Barak von der Notwendigkeit einer neuen "Großoffensive" im Gazastreifen. Dass es bislang nicht dazu kam, lag teils an den innerpalästinensischen Konflikten, aus denen sich Israel heraushalten wollte. Der Einsatz von Bodentruppen in dem dicht bevölkerten und seit Juni von der Hamas kontrollierten Gazastreifen würde zudem kaum ohne Verluste auf israelischer Seite ablaufen.

Die Armee und der inländische Geheimdienst Schin Beth konzentrieren sich stattdessen auf die derzeit angeblich effektivste Form der Terrorbekämpfung: die "zielgenaue Vereitelung", so die beschönigende Definition für die Exekutionen von militanten Palästinensern und deren Hintermännern. Meist trifft es die Milizen "in flagranti", nämlich dann, wenn sie ihre tragbaren Kassam-Abschussbasen in Position bringen, um eine neue Salve nach Israel zu schicken. Seltener und auch nur dann, wenn das nachrichtendienstliche Material ausreicht, wird einer der Kommandanten hingerichtet.

Schon 1996 gelang dem Schin Beth die Tötung des damals meistgesuchten Hamas-Terroristen Jachija Ajasch, des "Ingenieurs", der starb, als eine in seinem Telefonhörer angebrachte Bombe explodierte. Die Hamas rächte die Exekution mit einer Serie von Selbstmordattentaten, bei denen über hundert Israelis ums Leben kamen. Die gezielte Tötung der beiden politischen Hamas-Führer Scheich Achmad Jassin und Abdel Asis Rantisi blieb hingegen ohne nennenswerte Reaktion. Die linksgerichtete PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) rächte ihren 2001 exekutierten Chef Abu Ali Mustafa mit der Ermordung des israelischen Tourismusministers Rechawam Seewi.

Nach einem diese Woche von der israelischen Menschenrechtsorganisation BTselem veröffentlichten Bericht ging die Zahl der von israelischen Soldaten getöteten Palästinenser 2007 um 43 Prozent auf insgesamt 373 Menschen zurück. Davon seien zwei Drittel Angehörige bewaffneter Gruppen gewesen, der Rest Unbeteiligte. Im Jahr 2006 starben bei den gezielten Exekutionen mehr Zivilisten als Kämpfer. Bei einer der spektakulärsten Exekutionen im Sommer 2002 warfen Piloten eine Bombe vom Gewicht einer Tonne auf das Haus des Hamas-Funktionärs Salach Schehadeh und töteten mit ihm 13 Unbeteiligte. Auf die anschließende Frage eines Journalisten, was er dabei empfinde, wenn er die Bombe abwirft, antwortete der damalige Luftwaffenchef Dan Chalutz zynisch: "Einen kleinen Ruck."

Erst sein Nachfolger Elieser Schkedi setzte die Reduzierung der Zahl ziviler Opfer ganz oben auf seine Agenda. Nach einem Bericht der liberalen Haaretz liegt das Verhältnis der von der Luftwaffe getöteten Kämpfer zu Zivilisten heute bei 30:1 im Vergleich zu 2003, wo das Verhältnis noch 1:1 war. "Trotz des Rückgangs der Fälle, die den Verdacht willkürlicher Tötungen aufkommen lassen", so resümiert BTselem gebe die Statistik doch "noch Grund zur Besorgnis".

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