Kroatiens Innenminister tritt zurück: Jagd mit UN-Tribunal-Angeklagten

Kroatiens Innenminister muss zurücktreten, weil er einen Ausflug mit einem mutmaßlichen Kriegsverbrecher unternahm. Der sitzt jetzt im Knast von Sheveningen.

Zurückgetreten: Ivica Kirin. Bild: ap

SPLIT taz Für den alten und neuen kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader kommt die Posse um seinen Innenminister höchst ungelegen. Dieser war mit einem vom Kriegsverbrechertribunal in Den Haag beschuldigten mutmaßlichen Kriegsverbrecher zur Wildschweinjagd gegangen.

Denn Sanader hatte gerade nach langen Verhandlungen mit den kleineren Parteien und den Vertretern der Minderheiten, so auch der Serben, die nötigen Stimmen im Parlament bekommen, um eine neue Regierung zu bilden.

Innenminister Ivica Kirin hat sich zwar bei Sanader entschuldigt. Sein Amt, das er drei Jahre lang innehatte, hat er aber verloren und wird der neuen Regierung, die voraussichtlich am 15. Januar vorgestellt wird, nicht mehr angehören.

Die Posse flog auf, als die kroatische Presse Fotos veröffentlichte, die Kirin zusammen mit dem ehemaligen kroatischen Chef der Polizeisondertruppen, Mladen Markac, bei der Jagd zeigten. Markac war vom Den Haager Tribunal 2004 bis zum Prozessbeginn zwar nach Kroatien entlassen worden, hatte aber Auflagen einzuhalten. So durfte er Zagreb ohne Erlaubnis nicht verlassen. Und die Kontrolle darüber obliegt dem Innenminister.

Immerhin hat Kirin für Heiterkeit gesorgt. Der Innenminister und der Exchef der Polizeisondertruppen kennen sich bestimmt schon lange, vermutet die Öffentlichkeit. Die Jagd selbst wird ihnen nicht nachgetragen. "Als alte Kumpels kann man doch zur Jagd gehen", meinte lachend ein Nachbar in Split, "stell dir mal vor, der Innenminister fährt vor deiner Tür vor und lädt dich zur Wildschweinjagd ein!"

Doch die Sache hat einen ernsten Hintergrund. Das Tribunal in Den Haag reagierte sofort. Kroatische Polizisten mussten Markac am Samstag verhaften und am Sonntag in ein Flugzeug Richtung Niederlande setzen. Jetzt befindet sich der Exchef der kroatischen Polizeisondertruppen im Gefängnis von Sheveningen und wartet mit dem kroatischen Exgeneral Ante Gotovina auf die erste Anhörung, die am 18. Januar stattfinden soll. Dann muss auch der Dritte im Bunde, General Ivan Cermak, in Den Haag erscheinen. Ihnen wird vorgeworfen, für die Ermordung von mindestens 150 Serben und die Vertreibung Tausender während der Militäraktion zur Rückeroberung der von Serben besetzten Gebiete in Kroatien im Jahr 1995 verantwortlich zu sein.

Alle drei haben sich für unschuldig erklärt. Für Gotovina stehen die Chancen nicht einmal schlecht. Denn der ehemalige Fremdenlegionär und Exgeneral eilte schon wenige Tage nach der Eroberung der serbisch besetzten Krajina zusammen mit seinen Truppen zum nächsten Kriegsschauplatz nach Bosnien und Herzegowina.

Die den Angeklagten zur Last gelegten Verbrechen an zurückgebliebenen serbischen Zivilisten fanden zumeist danach statt. Und Markac ist als Chef der Sondertruppen der Polizei wie Cermak als Chef der nachrückenden zweiten Linie des kroatischen Militärs wahrscheinlich direkt verantwortlich für die Gräueltaten, die an den serbischen Zivilisten begangen worden sind.

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