Kommentar Klima: Druck auf Nachzügler - und Vorreiter

Das Klimapaket der Bundesregierung ist ambitioniert, und doch nur ein erster Schritt. Öffentlicher Druck bleibt notwendig

Zwei gute Nachrichten machen zum Auftakt der Klimaverhandlungen in Bali die Runde: George W. Bush, der bislang jede Maßnahme zum Klimaschutz konsequent blockiert hat, gerät selbst im eigenen Land immer mehr in die Isolation. Und die deutsche Bundesregierung präsentiert ein Gesetzespaket, das sie selbst als "das ambitionierteste Klimaschutzprogramm der Welt" bezeichnet. Beides sind wichtige Neuigkeiten. Doch Entwarnung ist beim Klima noch lange nicht angesagt.

Zwar sind die deutschen Klima-Gesetze im Vergleich zu anderen Ländern tatsächlich ambitioniert. Doch sie bleiben hinter dem ursprünglichen Ziel von 40 Prozent weniger Emissionen bis 2020 zurück - und damit hinter dem Wert, den Wissenschaftler als Minimum fordern, um die Erderwärmung auf ein gerade noch erträgliches Maß zu begrenzen. Wenn sogar der selbst ernannte Vorreiter die notwendigen Vorgaben verfehlt, ist der Weg zu einer globalen Lösung noch weit.

Und während es bei der Förderung erneuerbarer Energien und schärferen Vorschriften für Hausbesitzer sehr konkrete Vorgaben gibt, bleibt ein ganzer - und wesentlicher - Sektor von neuen Auflagen verschont: Im Verkehrsbereich sind nur kosmetische Veränderungen geplant. Die Umstellung der Kraftfahrzeugsteuer auf CO2-Ausstoß bleibt halbherzig, denn Spritschlucker werden nur minimal teurer. Und an Kerosinbesteuerung, klimafreundliche Steuerregeln für Dienstwagen oder ein Tempolimit traut sich die Regierung überhaupt nicht heran. Auch bei der Stromerzeugung ist die Vorreiterrolle der Deutschen nicht zu sehen. Während Neuseeland gerade den Bau konventioneller Kraftwerke gesetzlich verboten hat, unternimmt die große Koalition bislang nichts gegen den geplanten Neubau von 25 Kohlekraftwerken, die die Klimabilanz auf Jahrzehnte belasten würden.

Das Klimapaket ist also beachtlich, aber nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Und auch in den USA dreht sich zwar die öffentliche Meinung, aber es ist noch ein weiter Weg von den Klimaschutzforderungen im Wahlkampf bis zu bundesweiten Gesetzen. Öffentlicher Druck bleibt also notwendig - beim Vorreiter ebenso wie beim Nachzügler.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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