Verkehrsexperte als Sündenbock: Gabriel stellt Autokritiker kalt

60.000 Autofahrer lassen einen mangelhaften Rußfilter in ihren Diesel einbauen. Umweltminister Gabriel macht für die Panne den renommierten Verkehrsexperten Friedrich verantwortlich.

Nicht jeder Rußpartikelfilter ist auch wirksam. Bild: dpa

Das Bundesumweltministerium gerät in dem Skandal um mangelhafte Dieselrußfilter immer stärker unter Druck. 170.000 Autofahrer haben in ihren Diesel nachträglich einen Rußfilter einbauen lassen, damit der Wagen sauberer wird. Davon sind allerdingsbis zu 60.000 weitgehend wirkungslos. Doch das Problem ist noch größer: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft dem Ministerium vor, viel zu spät auf Gutachten reagiert zu haben, die die fehlerhafte Wirkung längst nachgewiesen hatten.

Das Bundesumweltministerium aber weist alle Vorwürfe von sich und kündigte personelle Konsequenzen an - in seiner untergeordneten Behörde, dem Umweltbundesamt. "Ein Mitarbeiter des Umweltbundesamt hat durch falsche Vorgaben ein dafür nötiges Gutachten unbrauchbar gemacht", erklärte SPD-Minister Sigmar Gabriel. Dadurch habe sich der Nachweis der unbrauchbaren Filter um Monate verzögert.

Der Beschuldigte ist allerdings nicht irgendwer, sondern Axel Friedrich, Leiter der Abteilung "Verkehr, Lärm" im Umweltbundesamt. Er gilt seit vielen Jahren als Kämpfer für den Umweltschutz und genießt international ein hohes Renommee für seine wissenschaftliche Arbeit. Friedrich wurde - wie am Montag bekannt wurde - schon die Woche zuvor von seinem Posten abberufen.

Der Vorgang ist erstaunlich. Denn es war Friedrich, der schon vor einem Jahr die Wirkungslosigkeit der Filter aufdeckte. Als er zu ahnen begann, dass da etwas nicht stimmen könnte, gab seine Abteilung bei dem renommierten Schweizer Prüfinstitut TTM Meyer ein Gutachten in Auftrag. Diese wies tatsächlich bei drei Fabrikaten mangelhafte Filterwirkung nach. Aber ausgerechnet das Ministerium lehnte auf einem ersten Krisengipfel im Herbst 2006 ab, die Daten zu veröffentlichen. Denn sie seien nicht nach der in Deutschland dafür gültigen Prüfverordnung erhoben worden. "Außerdem waren die Messungen nicht schlüssig und fehlerhaft", erklärte am Montag ein Gabriel-Sprecher der taz.

Der Autor der Schweizer Studie, der Fahrzeugforscher Andreas Meyer, weist diese Kritik jedoch zurück: "Unsere Studie hält jeder Überprüfung stand", sagte Meyer der taz. "Wir sind weit über die deutschen Prüfvorschriften hinausgegangen, die nicht geeignet sind, um die Filterqualität zu beurteilen." Denn nach diesen Vorgaben hätte das Insitut weder die Größe der Rußpartikel messen müssen, noch ob diese im Filter tatsächlich verbrannt oder nur ausgeblasen würden. Meyer: "All das haben wir nachgeprüft."

An der Version des Ministeriums gibt es auch Zweifel, seitdem die Deutsche Umwelthilfe am vergangenen Freitag die Veröffentlichung von Meyers Gutachten erstritten hat. Die Umwelthilfe wirft dem zuständigen Staatssekretär Matthias Machnig (SPD) vor, nicht rechtzeitig über die Mängel der Nachrüstsysteme informiert zu haben.

Machnig weist den Vorwurf zurück. Doch selbst im Umweltministerium hört man von anderen Motiven: Es gehe um offene Rechnungen mit dem Querkopf Axel Friedrich, die beglichen werden sollten. Doch weder Friedrichs direkter Chef im Umweltbundesamt, Andreas Troge, noch das Ministerium wollten sich auf Nachfrage der taz zu Personalfragen äußern.

Umwelhilfe-Chef Jürgen Resch: "Wenn es eine Person gibt, die die Veröffentlichung hat, dann ist das Machnig". Bundesumweltminister Gabriel sollte sich überlegen, welche Konsequenzen sich aus dem Verhalten von Machnig ergeben.

Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des Verkersclub Deutschland (VCD), sagte der taz, er halte die Abstrafung Friedrichs für einen "umweltpolitischen Super-GAU". Auch der Deutsche Naturschutzring (DNR), der Dachverband für 5,2 Millionen Natur- und Umweltschützer, reagierte empört. In einer Resolution forderte der DNR die Rehabilitation von Axel Friedrich.

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