Klima-Kooperation mit "Bild": Ökoverbände sündigen ohne Erfolg

Die Kampagne von Umweltverbänden mit der "Bild"-Zeitung zeigt nicht den gewünschten Erfolg. Greenpeace- und BUND-Aktivisten sehen ohnehin ihre Glaubwürdigkeit in Gefahr.

In der Höhle des Löwen: Redaktion der "Bild"-Zeitung in Hamburg Bild: dpa

BERLIN taz "Rettet unsere Erde". Es ist einer dieser simplen Aufrufe, die häufiger in der Bild-Zeitung zu lesen sind und die versprechen, breite Kreise der Bevölkerung anzusprechen. Das hat diesmal selbst die Umweltverbände BUND, Greenpeace und WWF überzeugt, die sonst lieber auf Distanz zu der Massenzeitung gehen. Im April haben Sie zusammen mit dem Boulevard-Blatt eine Aktion zum Klimaschutz gestartet. Außer Millionen von bunten Aufklebern mit dem markigen Spruch soll ein Gewinnspiel in der Bild die LeserInnen überzeugen, selbst Zuhause Strom zu sparen. 3,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) sollen so bis Ende des Jahres vermindert werden, so viel wie der jährliche Ausstoß eines kleinen Braunkohlekraftwerks: "ein ambitioniertes Ziel", gibt BUND-Sprecher Norbert Franck zu. Bislang konnten die ungleichen Partner die Massen jedoch nicht überzeugen.

30.000 Menschen haben laut den Verbänden an der ersten Runde des Gewinnspiels im Juni teilgenommen und damit versprochen ihren CO2-Ausstoß zu senken. Gemessen an den laut Bild fast zwölf Millionen LeserInnen täglich ist das ein Bruchteil. "Wir müssen uns anstrengen, um unser Einsparziel noch zu erreichen", sagt Franck. Im Dezember wird die zweite Runde des Gewinnspiels laufen. Erst danach wollen die Verbände auch bekannt geben, wieviel CO2 insgesamt eingespart wurde.

Wie viele TeilnehmerInnen beim Gewinnspiel mehr an einem neuen Haus oder einer Waschmaschine interessiert waren als an ökologischen Zielen, wird allerdings auch dann nicht geklärt sein. Ob die Bild-Leserschaft tatsächlich in Zukunft Energie spart, bleibt ebenfalls offen, weil die Selbstverpflichtungen nicht überprüft werden. Außerdem fließen in die 3,5 Millionen Tonnen mit ein, dass der Axel Springer Verlag angekündigt hat, den Energiebedarf seiner Verlagshäuser in Berlin und Hamburg um zehn Prozent zu reduzieren - selbstverpflichtet, versteht sich.

Bleibt die Frage, was von der ungewohnten Kooperation am Ende übrig bleibt. "Die 30.000 Menschen hätten wir ohne die Bild-Zeitung nicht erreicht. Darauf sind wir stolz", sagt Greenpeace-Sprecherin Cornelia Deppe-Burghardt. Auf zahlreichen Sonderseiten seien die LeserInnen über Energie- und Klimafragen aufgeklärt worden. Ende April durften Vertreter der drei Umweltverbände sogar zusammen mit dem Bild-Journalisten Florian von Heintze Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) interviewen. Als von Heintze Gabriel fragte, warum er nicht einfach die Restlaufzeiten der deutschen Atomkraftwerke verlängere, dürfte sich bei seinen Mitfragern allerdings der Magen zusammengekrampft haben.

Viele Greenpeace-Mitglieder lehnen die Kooperation mit der Zeitung wegen der großen inhaltlichen Distanz ab, so wie Dennis, ein Aktivist aus Dortmund: "Wir machen uns durch die Zusammenarbeit unglaubwürdig", glaubt er. Einige ehrenamtliche Mitarbeiter seien sehr unglücklich mit der Entscheidung. Auch in den anderen Verbänden ist die Kampagne umstritten, etwa in zahlreichen Ortsgruppen des BUND.

An die Zusammenarbeit mit Großunternehmen scheinen sich die Chefs der drei Umweltverbände jedoch gewöhnt zu haben. Die nächste große Aktion folgt am 8. Dezember, wenn um 20 Uhr möglichst viele Unternehmen und Privatleute für fünf Minuten ihre Lichter ausschalten sollen. Die Aktion "Licht Aus! Für unser Klima" organisieren neben den drei Verbänden und der Bild-Zeitung auch der Sender Pro Sieben und der Online-Riese Google. Mit dieser Aktionsform wollen die KlimaschützerInnen einen symbolischen Aufruf an die parallel dazu auf Bali tagenden Politiker richten, ein Nachfolgeabkommen zum laufenden Kyoto-Protokoll zu beschließen.

Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe ist allerdings skeptisch: "Man kann darüber streiten, ob es das Bewusstsein stärkt, wenn alle für wenige Minuten das Licht ausschalten." Der Bild-Zeitung gehe es bei der ungewohnten Koalition mehr um den eigenen populistischen Nutzen als um das Weltklima.

Trotz der Skepsis scheint eine längerfristige Kooperation mit der Bild nicht ausgeschlossen. Ende des Jahres wird entschieden, ob die laufende Kampagne verlängert wird, wohl nicht ohne Streit.

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