Kohlendioxid-Bilanzen: Internationale Rechenfehler

Bisherige Statistiken zum CO2-Ausstoß pro Kopf unterschlagen die Einflüsse des Außenhandels. Das Statistische Bundesamt zeigt, wie richtig gerechnet werden müsste.

China: Viel Export sorgt für eine hohe CO2-Bilanz. Bild: reuters

BERLIN taz 20 Tonnen Kohlendioxid verursacht ein Amerikaner pro Jahr, elf Tonnen ein Deutscher, zwei Tonnen ein Inder. Diese Zahlen werden in fast jeder Diskussion über den Klimawandel genannt, dabei sind sie nur bedingt aussagekräftig. Das zeigt eine neue Studie, die das Statistische Bundesamt am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.

Bislang werden zur Berechnung des CO2-Ausstoßes pro Kopf die gesamten Emissionen eines Landes durch die Zahl der Einwohner geteilt: Wenn in China ein Fernseher produziert wird, dann wird der durch die Herstellung verursachte CO2-Ausstoß den Chinesen zugerechnet - auch wenn das Gerät später in einem deutschen Wohnzimmer steht. Länder wie die USA, die wesentlich mehr Produkte importieren als exportieren, bekommen durch diese Berechnungsweise eine wesentlich bessere CO2-Bilanz ausgestellt, als gerechtfertigt wäre. Auch die Kioto-Protokoll basieren bislang auf Statistiken, die den Außenhandel nicht berücksichtigen.

Die neue Erhebung des Statistischen Bundesamtes zeigt nun erstmals, wie viel Energie insgesamt für die Produkte verbrauchte wurde, die Deutschland ex- und importiert. Das Ergebnis: Deutschlands Energiebilanz ist positiv, das heißt in den exportierten Gütern steckt fast 20 Prozent mehr Energie als in den importierten. Der Energieverbrauch und damit auch der CO2-Ausstoß pro Kopf ist also etwas niedriger, als es die bisherigen Statistiken zeigen. 46 Prozent des Energieverbrauchs der inländischen Produktion werden für Güter verwendet, die in andere Länder verkauft werden.

Ein weiteres, überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass die Umweltauflagen und die hohen Energiepreise in Deutschland dem Export nicht geschadet haben - im Gegenteil: Unternehmen wurden motiviert, Energie einzusparen, was ihnen jetzt nutzt. "Deutschland ist auch Exportweltmeister, weil es energieeffizienter produziert als andere Länder. Das bringt einen deutlichen Preisvorteil", sagte Walter Radermacher, Präsident des Statistischen Bundesamtes. Von 1990 bis 2004 wurde die Energieeffizienz pro Jahr um 2 Prozent verbessert. Allerdings konnte die Effizienz in den letzten Jahren nur noch um weniger als 1 Prozent gesteigert werden.

Die Befürchtung, dass wegen der hohen Preise in Deutschland energieintensive Produktionen ins Ausland verlagert würden, hat sich nach Erkenntnissen der Studie nicht bestätigt. Es werden heute mehr Autos oder chemische Grundstoffe ins Ausland verkauft also noch 1995.

Obwohl die deutschen Produzenten heute weniger Energie verbrauchen, um die gleichen Güter herzustellen, wächst der Energieverbrauch weiter an: Zwischen 1995 und 2004 nahm der Energieverbrauch um 39 Prozent zu, im gleichen Zeitraum wuchs der Wert der produzierten Waren um 83 Prozent an: Auch in Deutschland ist Wirtschaftswachstum also noch nicht ohne einen Mehrbedarf an Energie zu erreichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.