Neue DJ Ipek-CD: Sammelsurium der Kanak-Kultur

Die neue CD "import export a la turka" von DJ Ipek Ipekcioglu überzeugt wenig. Sie veranschaulicht vor allem Eines: Die Armut der Vielfalt im Turbofolk.

DJ Ipek: Vieles auf ihrem Sampler bleibt klärungsbedürftig. Bild: dpa

DJ Ipek ist eine engagierte Kulturarbeiterin und Ikone der Berliner Subkultur. Seit Jahren tingelt sie mit ihrer CD-Sammlung von Club zu Club, um die Partymeute mit orientalischem Turbofolk, Elektro und Pop zum Tanzen zu bringen. Anfangs klappte das auch aus der Sehnsucht nach Differenz und Exotik ganz gut, heute gehören ihre Beats und Sounds zumindest in manchen Schuppen zum gelernten Repertoire. Ist ja eigentlich fast egal - Hauptsache es wird getanzt.

Damit wollte sich DJ Ipek ganz offensichtlich aber nicht mehr begnügen. 2006 brachte sie, gewissermaßen als Nachschlag zu Fatih Akins mittelprächtiger Hommage an die Istanbuler Musikszene, bei Trikont den Sampler "Beyond Istanbul Underground" heraus und hatte trotzt des Titels mehr Underground am Start als der Hamburger Akin.

Jetzt hat die Berliner Kanak-Kultur-Pionierin aus ganz Deutschland "Turkish Sounds" auf einer CD zusammengetragen. Na ja, das mit dem Türkischen ist so eine Sache: Auf der CD gibt es ein Sammelsurium aus Sprachen und Songs, die nicht alle Türkisch sind.

Was "Turkish Sounds" in Almanya sein könnte, ist eine Debatte, die heute bei professionellen Ethnologen und Migrantenverstehern zu Hause ist und auf einer solchen Compilation zu allererst vor allem viele Fragen aufwirft. Zum Beispiel: Nach welchen Kriterien sucht man die Stücke aus, nach musikalischen oder identitären? Bei wie vielen schlechten und mittelmäßigen Songs drückt man ein Auge zu und nimmt sie dank Turco-Bonus in die Zusammenstellung auf? Was ist der musikalisch-konzeptionelle Leitgedanke eines solchen Albums? Soll es sich am Ende um eine Repräsentationsschau handeln oder musikalische Strömungen dokumentieren? Vieles bleibt bei Ipeks Sampler klärungsbedürftig.

So fragt man sich beispielsweise, warum Fresh Familee mit Ahmet Gündüz I und Ahmet Gündüz II gleich zweimal vertreten sind, wo doch gerade im deutsch-türkischen Hiphop andere prächtige Produktionen zu finden sind. Nun gut, eine CD soll ja keine Fragen beantworten, sondern Träger guter Musik sein. Bei "import export à la turka" blitzt das leider viel zu selten auf - Beser Sahins "Mamanî" gehört dazu, "Elektrik" von Aziza A. und Sparks "Escape from Alamut" auch. Als Muhabbet und andere vor einigen Jahren auf arabesken Melodien deutsche Texte sangen, war das irgendwie interessant und lustig, doch je häufiger man solche Tracks hörte, desto mehr begannen sie zu nerven.

Am ehesten verzeiht man auf diesem Album die grenzüberschreitende Improvisation von Schauspielerin und Multitalent Pegah Ferydoni, die zuletzt in "Türkisch für Anfänger" glänzte. Spätestens bei Bremen Immigrant Orchester & Sema Mutlu und ihrem "Warum kannst Du mich nicht lieben?" hört der Spaß dann doch auf. Leider klingen zudem Stoneheads mit "Dogayi Bozmadan" einfach wie eine schlechte Kopie der Istanbuler Ska-Imitation Athena, die selbst schon überschätzt sind. Auch auf Grup Ünlüs "Esterabim", eine Coverversion von Altrocker Erkin Koray, der sich bei den letzten Parlamentswahlen als Anhänger der faschistischen MHP outete, hätte man vermutlich genauso verzichten können wie auf die tausendste Version von "Ayrilik", einem aserbaidschanischen Volkslied.

All diese verschiedenen Musikrichtungen und Styles auf eine CD zu pressen, ist dann doch etwas viel Krimskrams. Insofern ist zumindest die Anrufung von Import-Export-Läden, die durch das CD-Cover, auf dem DJ Ipek vor einem solchen Shop zu sehen ist, unterstrichen wird, genau richtig. Wer schon mal in einem solchen Laden war, weiß, dass man dort alles Mögliche bekommt, wenn auch nicht immer von bester Qualität.

Wer es schafft, die CD bis zum Ende zu hören, wird doch noch versöhnt. Das beste Stück heißt "Neymâne" und stammt von Ipek Ipekcioglu selbst. DJ Ipek sollte künftig ihre Zeit nicht damit verplempern, das Mittelmaß anderer zusammenzutragen sondern lieber mehr selber komponieren. Das wäre in jedem Fall spannender.

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