Neuer Mann der ARD-Kultursendung: Der Herr der Esel

"Die ARD ist nicht in die arschlochfreie Zone integrierbar": Bio-Bauer Dieter Moor übernimmt "Titel, Thesen, Temperamente".

Von einem Betrieb zum anderen: Dieter Moor ist Landwirt und moderiert nun einmal wöchentlich die Kultursendung der ARD. Bild: dpa

Bei Moors geht es Anfang November um den ganz großen Wurf: Hund Heidi (Großeltern: drei Berner Sennenhunde, ein Schäferhund) soll Junge bekommen. Möglicherweise an diesem Wochenende.

Und dann ist da am Sonntag noch ein Ereignis, das Dieter Moor betrifft: Er moderiert erstmals die wöchentliche ARD-Kultursendung "Titel, Thesen, Temperamente", kurz "ttt". Damit ist er das letzte Glied in der Reihe der meistkommentierten Arbeitsplatzwechsel des Jahres: Anne Will rückte von den "Tagesthemen" auf Sabine Christiansens Sendeplatz, Caren Miosga von "ttt" in die "Tagesthemen". Und Dieter Moor nun zu "ttt".

Gute Geschichte. Aber Heidi bekommt Junge. Viel wichtiger.

Vor kurzem, sagt Moor, habe er einen Gast gehabt. Man habe gemütlich gegessen und eine Zigarette nach der anderen geraucht, doch dann habe der Gast Wills erste Sendung sehen wollen. Moor fragt: "Was kann man bei der Premiere einer neuen Sendung schon sehen?"

Dieter Moor moderierte "Canale Grande" bei Vox, für den SWR "EX! Was die Nation erregte", zuletzt vertretungsweise die 3sat-"Kulturzeit". Doch zwischendurch ist Moor auch Bio-Bauer geworden, so dass er nun Journalisten statt im Studio auf seinem Hof empfängt.

In 25 Jahren hat sich Moor einen guten Ruf als Querulant, Sturkopf und Kritiker des eigenen Betriebs erarbeitet. Er moderierte eine Kultursendung im ORF und in der Schweiz in den 90ern die einzige Late-Night-Show Europas neben Harald Schmidt. Im ORF, sagt er, "wollte ich es immer subjektiver haben, anarchistischer und auch böser". Er präsentierte Kulturthemen von einer Müllkippe aus und stellte sich immer wieder quer.

Seine Late-Show wurde nach einer öffentlichen Kontroverse mit seinem Chef eingestellt.

Ja, sagt Moor, er habe ein Problem, Befehle anzunehmen, wenn sie totaler Quatsch seien. Doch man kann es als Versuch deuten, das Bild vom Sturkopf zu revidieren, wenn er über seinen Esel Jogi spricht: "Esel", sagt Moor, "muss man überzeugen. Das wird als Sturheit missverstanden." Ein Esel renne beispielsweise so oft gegen den Elektrozaun, bis der nicht mehr geladen sei. Er "überprüft ständig sein Weltbild. Ich mag Esel."

Als er die Schweiz verließ, kaufte er, der Esel wegen, kein Haus in Berlin, sondern einen Bauernhof im brandenburgischen Hirschfelde. Seine Frau wurde Diplom-Landwirtin - und er der Mann der Bäuerin.

Heute haben sie 40 Hektar Land, etwa 70 Tiere, die nur der Anfang sein sollen, und verkaufen Koteletts (14 Euro für 500 Gramm, aber vom glücklichen Kalb). Das ist viel Arbeit. Aber, in Moors Worten: Der Hof ist arschlochfreie Zone, kurz AFZ. Ein Hort der Unaufgeregtheit, sozusagen. Und das sei ihm viel wert.

Die AFZ ist ein eingetragener Verein (wobei die Abkürzung offiziell für "Alternativen für Zukunft" steht). Und der will diverse Projekte anstoßen: Konzerte, Landwirtschaft, eine Stiftung, ein Naturpark. Die AFZ sollte Moors Zukunft sein.

Doch dann rief jemand von der ARD an. Die ARD, sagt Moor, sei "in das Projekt arschlochfreie Zone, wie es geplant war, sicher nicht integrierbar, das läuft jetzt parallel". Denn "die Chance, als fast 50-jähriger Mann eine eigene Sendung im Fernsehen zu bekommen, noch dazu eine, die einen wirklich interessiert, ist relativ klein, und es wäre einfach idiotisch, sie nicht anzunehmen." Also sagte er zu. Das ist die Geschichte. Und man wird sehen, was sich bei "ttt" mit ihm ändert. Er wolle das Studio auch mal verlassen, subjektiver auf die Themen schauen, sagt Moor.

Auch wichtig aber: Heidi kriegt Junge.

"Titel, Thesen, Temperamente" läuft am So., 4.11., um 23 Uhr auf der ARD.

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