Kurden und Türken: Der kleine Unterschied

Seit die Türkei mit dem Einmarsch in den kurdischen Nordirak droht, gehen Türken und Kurden auch hierzulande auf die Straße. Wie erkennt man, wer wer ist?

Klare Ansage: Bei diesem Mann gibt es kein Rätselraten über die ethnische Zugehörigkeit. Bild: ap

"Sehr geehrte Damen und Herren, dieses Video wird ihnen den Unterschied zwischen Türken und Kurden anzeigen. Ich wünsche jedem viel Spaß beim Zuschauen", schreibt "turkoluturk 58" und schiebt hinterher: "Auch für die Affen unter uns".

Neben den kulturellen sind es vor allem die sprachlichen Merkmale, mit denen sich Türken und Kurden deutlich voneinander unterscheiden lassen.

Eine kurze Handreichung:

Deutsch, Türkisch, Kurdisch

Guten Tag, Merhaba, Rojbaz

Chef, Patron, Serkar (oder Mu) Radio, Radyo, Radyo

Christ, Hýristiyan, file

Tag, Gün, roj (oder ro)

Ja, Evet, belê

Nein, Hayir, na

Vater, Baba, bav

Mutter, anne, ane

Karotte, havuç, gizer

Wurm, kurt, kurmik

Wer damit gemeint ist, wird im folgenden Video schnell klar. Sehen kann es jeder, der auf der Internet-Videoplattform youtube.com als Suchwort "Kurden" eingibt. Das Suchergebnis liefert Clips mit äußerst fragwürdigen Inhalten. Wie jenes, in dem kurdische mit türkischen Popstars verglichen werden.

"Wir fangen an mit den türkischen Popstars": Was nun folgt, erinnert an die Rassenkunde die man aus Schulbüchern der Nazizeit kennt: Türkische Stars werden gezeigt, strahlend und schön.

"Sooo!!! Jetzt kommen wir zu kurdischen Popstars": Es werden übermäßig stark beharrte Personen gezeigt, Männer mit dicken Schnurrbärten, die schielend dreinblicken und im Vergleich mit den türkischen Kollegen wie minderbemittelte Dorftrottel wirken. Auch die Politik wird nicht ausgelassen: Der ehemalige PKK-Chef Abdullah Öcalan wird als Bauchtänzerin gezeigt, Kurdistan als "Bokistan" bezeichnet - "Bok" ist das türkische Wort für "Scheiße".

Es folgen weitere Minuten voll mit rassistischen Bemerkungen, dumm und einfach nur unglaublich. Seit Jahrzehnten gibt es den Konflikt zwischen Türken und Kurden, im Internet wird er schon lange mit Fotos, Videos und Texten auch auf Deutsch ausgetragen. Seit vergangenem Sonntag scheint er aber auch auf Deutschlands Straßen angekommen zu sein.

Bei schweren Krawallen zwischen Türken und Kurden in Berlin wurden am Sonntagabend zahlreiche Polizisten verletzt und etliche Demonstranten festgenommen.

Die Polizeigewerkschaft forderte eine "knallharte rechtsstaatliche Antwort" auf diese Gewaltausbrüche.

Türken hätten dabei Jagd auf Kurden gemacht. Nur ein massiver Polizeieinsatz habe "unkontrollierte Ausbrüche an Gewalt unter Einsatz von Waffen" weitgehend verhindern können. Für die meisten Deutschen dürfte der Unterschied zwischen Türken und Kurden so irrelevant sein wie es der Unterschied zwischen Altbayern und Oberfranken für Türken und Kurden.

Wenn aber Polizisten zwischen zwei ethnische Konfliktgruppen einschreiten müssen, wird dieser Unterschied plötzlich sehr wichtig. Aber woran erkennt man, wer türkischer und wer kurdischer Abstammung ist?

Äußerlich unterscheiden sie sich kaum. Alle kulturellen, religiösen und auch ethnischen Unterschiede zu nennen, würde den Rahmen dieser Seite sprengen. Es gibt aber einige Unterschiede, die auch das ethnologisch nicht geschulte Auge erkennen kann.

Wer sich ein klein wenig mit der Region auskennt, kann die Hintergründe manchmal durchaus feststellen.

Viele Kurden haben einen dunkleren Teint als Menschen türkischer Herkunft. Dies kann sich aber auch durch den Gang ins Sonnenstudio imitieren lassen und lässt sich deswegen auch nicht so pauschal dahersagen. Wie gesagt, es ist schwierig und ein vermintes Feld, Menschen nach dem Aussehen zu beurteilen.

Ein verlässlicheres Kriterium ist daher die Sprache. Denn das Kurdische ist eine eigenständige indoeuropäische Sprache, und hat mit dem Türkischen wenig gemeinsam. Es ist eine Sprache, die sich rau und kehlig anhört ohne die zahlreichen Umlaute des Türkischen.

Erst 2002 wurde Kurdisch in der Türkei im öffentlichen Leben wieder zugelassen, aber noch immer hört man kaum Kurdisch auf türkischen Straßen.

Ist man mit wenig Sprachtalent gesegnet, so kann man sich an die Differenzen in kulturellen Bräuchen halten, die den Unterschied erkennen lassen.

Jedes Jahr am 21. März feiern die Kurden das Neujahrsfest "Newroz". Es ist das Fest des Frühlings, des Neubeginns und des neuen Jahres.

Zugleich aber auch Ausdruck des Widerstands gegen Unterdrückung und Verfolgung. Es sind weltweit dieselben Bilder. Tanzende Menschen, mit der kurdischen Flagge winkend.

Kurden haben ein eigenes Nationalgefühl, eine eigene Sprache, und eigene kulturelle Riten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.