Protest gegen Braunkohleabbau: Um sieben Uhr früh fallen die Bäume

Zehn Tage lang besetzten Umweltaktivisten die Bäume an den Lakomaer Teichen. Gestern hat Vattenfall mit der Polizei die Aktion beendet und Bäume gefällt.

Erst wenn der letzte Baum gefällt ist, werdet ihr merken... Bild: AP

LAKOMA taz Wenn Cecile in den letzten zehn Tagen morgens aufgewacht ist, durfte sie sich nicht nach links oder rechts drehen. Da ging es etwa zehn Meter abwärts. Bis gestern um halb eins lebte Cecile auf einem Baum. Denn Ceciles Baum steht in Lakoma, Lakoma liegt in der Lausitz, und in der Lausitz will Vattenfall Braunkohle abbauen. Da steht Ceciles Baum im Weg. Gemeinsam mit etwa 15 anderen Aktivisten der Organisation Robin Wood hat sich Cecile an die Bäume des Naturschutzgebietes gekettet. Sie sind hartnäckig, hocken immer noch auf ihren Plattformen, als Vattenfall am Mittwochvormittag die Baumbesetzung schon längst für beendet erklärt hat.

Mit der spektakulären Aktion will Robin Wood nicht nur gegen die Abholzung der Bäume protestieren, die in einem Naturschutzgebiet stehen, sondern vor allem gegen die Braunkohlepläne des schwedischen Energieriesen Vattenfall. Der Konzern plant, die klimaschädlichste Energiequelle Braunkohle in Ostdeutschland bis über das Jahr 2050 hinaus abzubauen. Der Fall Lakoma, dessen Einwohner längst umgesiedelt wurden, gibt nur einen Vorgeschmack auf drei weitere Gebiete, die in den nächsten Jahren für den Braunkohleabbau erst entvölkert und dann komplett dem Erdboden gleichgemacht werden sollen. Die neuen Tagebaugebiete sollen laut Vattenfall-Vorstandsmitglied Hartmuth Zeiß jeweils 20 Jahre lang Kohle für die Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe liefern. Jänschwalde ist das zweitschmutzigste Kraftwerk Deutschlands. Im Jahr 2015 will Vattenfall die Anlage durch eine umweltfreundlichere Technik ersetzen.

Doch egal, wie die Kohle zu Strom wird: Um an die Braunkohle heranzukommen, die unter den Lakomaer Teichen liegt, muss das Naturschutzgebiet weichen. Dort leben zum Beispiel die gefährdeten Rotbauchunken, mit 5.000 Tieren die größte Population in Deutschland. Von der EU wurde das Gebiet zum Flora-Fauna-Habitat-Gebiet ernannt. Es darf nur zerstört werden, wenn dies übergeordneten öffentlichen Interessen dient. Das öffentliche Interesse im Fall Lakoma heißt: Arbeitsplätze.

Das Arbeitsplatzargument hat nicht nur die EU überzeugt, sondern offenbar auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Der hatte 1990 als Umweltminister das Voranschreiten des Braunkohleabbaus noch als Raubbau bezeichnet. Jetzt setzt er als Ministerpräsident weiter auf Braunkohle. Rund 40 Millionen Tonnen liegen unter den Lakomaer Teichen. "Das ist Arbeit für acht Jahre", sagt Firmensprecher Marco Bayer. Achthundert Jobs seien gefährdet, wenn das Gebiet nicht genutzt werde.

"Arbeitsplätze können aber auch durch den Ausbau erneuerbarer Energien geschaffen werden", sagt Robin-Wood-Sprecherin Ute Bertrand. Man wolle mit der Baumbesetzung ein Zeichen setzen und die Menschen dazu bewegen, auf Ökostromanbieter umzusteigen. Das ökologische Engagement Vattenfalls hält Bertrand nicht für ausreichend: "Die Ausgleichsmaßnahmen, die Vattenfall für das zerstörte Naturschutzgebiet schaffen will, reichen nicht. Man kann ein über Jahre gewachsenes Biotop nicht einfach an anderer Stelle wieder aufbauen." Bertrand kritisiert auch, wie rabiat die Baumfäller von Vattenfall am Mittwoch gegen die Baumbesetzer vorgingen: "Die gucken nicht nach links, nicht nach rechts."

Tatsächlich werden Bäume gefällt, die nur wenige Meter neben den besetzten Bäumen stehen. "Am Morgen haben die Baumbesetzer geschrien, weil die umstürzenden Bäume direkt neben ihnen runtergeknallt sind", erzählt Aktivistin Maria Schneider. "Ich habe mich noch nie so gefreut, dass die Polizei gekommen ist."

Die ist dann auch dabei, als Cecile mit einer Flex um halb eins von ihrem Baum gelöst wird, ihr Baum fällt 15 Minuten später. Nach zehn Tagen steht sie wieder auf dem Boden. Der ist staubtrocken - die Wasserzuläufe des einstigen Teichgebiets hat Vattenfall längst trockengelegt.

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