Vorratsspeicherung : Bürgerrechtler planen Rekord-Klage

Gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung formiert sich Protest: Eine Massen-Verfassungsbeschwerde soll sie verhindern.

17.000 Unterschriften für Verfassungsbeschwerde: Surfen im Internet

BERLIN taz "Der gigantischsten Datensammlung Deutschlands setzen wir die größte Verfassungsbeschwerde Deutschlands entgegen", kündigt Ricardo Remmert-Fontes vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung an. Schon 17.000 Bürger haben per Unterschrift angekündigt, eine Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Zwangsspeicherung von Telefon-Verbindungsdaten einzureichen. 5.000 Bürger haben sogar schon dem Anwalt des Arbeitskreises, Meinhard Starostik, eine Vollmacht zur Einreichung der Klage ausgestellt.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung der Vorratsspeicherung wurde im April beschlossen. Auf Vorgabe der EU sollen die Telekom-Unternehmen alle Verbindungsdaten 6 Monate lang speichern. Bei Bedarf könnte die Polizei dann rekonstruieren, wer mit wem in dieser Zeit per Telefon, Mail oder SMS in Verbindung gestanden hat. Die Inhalte von Chats oder Gesprächen sollen nicht betroffen sein. Das Gesetz soll am 1. Januar in Kraft treten.

"So viele Unterschriften unter einer Verfassungsbeschwerde sind in Deutschland bisher einmalig", sagt Ricardo Remmert-Fontes. Der Arbeitskreis ist ein Netzwerk verschiedener Bürgerrechtsgruppen. Sie sehen in der Vorratsdatenspeicherung einen schweren Grundrechtseingriff, weil die Daten von den Providern gespeichert werden müssen, ohne dass ein konkreter Verdacht vorliegt.

Gleich nach der Verkündung des Gesetzes soll nach dem Willen der Bürgerrechtler ein Eilbote vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stehen, im Gepäck neben der Massen-Verfassungsbeschwerde auch den Antrag auf einstweilige Anordnung, damit das Gesetz bis zur Entscheidung in Karlsruhe erst gar nicht in Kraft tritt.

Trotz der großen Zahl der Beschwerden würde das Verfassungsgericht nicht lahmgelegt werden, was ja aber auch nicht beabsichtigt ist. Da alle Kläger über den gleichen Anwalt die gleiche Klageschrift einreichen, würden die zigtausend Klagen in Karlsruhe zu einem einzigen Verfahren zusammengefasst. Das Gericht würde dann immer nur einen Brief an den Anwalt schreiben, der dann seine zigtausend Mandanten benachrichtigten muss.

Doch ist das Verfassungsgericht überhaupt zuständig? Schließlich setzt der Gesetzentwurf von Justizministerin Zypries eine Richtlinie der EU um. Eigentlich müsste die Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung vom Europäischen Gerichtshof geklärt werden. Der wird sich auf Klage Irlands ohnehin mit der Richtlinie beschäftigen. Wenn er sie kassiert, bleibt das deutsche Gesetz bestehen. Dann ist Karlsruhe die richtige Adresse für die Klagen.

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