Befürchtetes Neonazi-Zentrum: "Verkauf nicht zu stoppen"

Was planen Rechtsextreme in Brandenburg? Gewiss kein Waldorf-Zentrum sagt Albrecht Kolthoff, der sich mit rechten Immobiliengeschäften befasst.

Leer stehendes "Gut Johannesberg" in Brandenburg Bild: dpa

taz: Herr Kolthoff, in letzter Zeit haben sich einige Gemeinden umsonst Sorgen gemacht, dass Rechtsextreme ein Schulungszentrum in ihrem Ort eröffnen könnten. Nun verkündet ein NPD-Funktionär, er plane ein "Bildungswerk" für Familien in Brandenburg. Halten Sie das für einen neuerlichen Bluff?

Albrecht Kolthoff: Dieser Plan klingt sehr vorgeschoben. Der NPD-Politiker Andreas Molau präsentiert der Öffentlichkeit statt eines NPD-Schulungszentrums jetzt ein weichgespültes Vorhaben und versucht damit den Druck vom Kessel zu nehmen. Zunächst sprach er von einem geplanten"Waldorflandschulheim" in Rauen. Nun soll es ein "Bildungswerk für völkisch orientierte Familien" sein.

Albrecht Kolthoff, 52, ist freier Journalist und betreibt die Informationsplattform www.redok.de, die sich mit Recherchen zu Themen vor allem aus den Bereichen Rechtsextremismus, Rassismus, Neonazismus, Antisemitismus befasst. Das Projekt wurde im April mit dem Preis des "Bündnisses für Demokratie und Toleranz" der Bundesregierung prämiert.

Was spricht dafür, dass Molau wirklich eine eigenes Bildungswerk aufzieht?

Wenig. Selbst wenn diese Einrichtung nicht offiziell unter NPD-Flagge geführt wird, ändert das wenig an der Zielsetzung. Es geht um die Schulung angehender NPD-Kader. Wenn diese nach Rauen auch noch Kind und Kegel mitbringen sollten, macht das die Sache eigentlich nur noch bedenklicher. Molau behauptet zwar, er habe seinen Posten bei der NPD-Zeitung an den Nagel gehängt und wolle sich in Rauen nun eine "berufliche Perspektive" schaffen. Aber er wurde 2006 ausdrücklich beauftragt, sich um die Bildungsarbeit der Partei zu kümmern. Diesen Job macht er.

Die NPD redet seit langem über Schulungszentren für ihre Mitglieder. Bisher wurde daraus nicht viel. Ist das nicht alles nur Propaganda?

Nein, ich glaube schon, dass die NPD wirklich auf eine bessere Ausbildung ihres Personals setzt. Zwar ist aus dem lange geplanten Bildungszentrum in Berlin bis heute nichts geworden. Aber der Parteichef Udo Voigt weiß gut, wie wichtig Schulungen sind. Er leitete Ende der 80er selbst ein Schulungszentrum der NPD in Norditalien. Später rühmte sich Voigt, dass die Leute, die durch diese Schule gegangen seien, alle in führenden Positionen in der NPD säßen.

Sehen Sie Chancen, den Verkauf in Rauen an den NPD-Mann noch abzuwenden?

Die NPD ist eine legale Partei. Es ist ein legales Geschäft. Vermutlich gibt es keine juristische Möglichkeit, den fast abgeschlossenen Verkauf noch zu stoppen. Nach meinem Kenntnisstand liegt seit etwa zwei Wochen ein unterzeichneter Kaufvertrag bei einem Notar. Nur die Eintragung ins Grundbuch fehlt noch.

Die NPD ist quasi pleite. Wo nimmt Molau rund 200.000 Euro für das Anwesen in Rauen her?

Darüber kann man nur spekulieren. Denkbar ist, das das Geld aus Erbschaften stammt. Eine andere Möglichkeit wäre, die Geldquellen in Schweden zu suchen. Denn die Firma, über die Molau den Kauf vorangetrieben hat, sitzt in Jönköping. Eben dort ist auch die "Stiftung Kontinent Europa" ansässig, die sich in den letzten Monaten regelrecht zum Rückzugsort für prominenten Rechtsextreme entwickelt hat.

Was haben die Menschen in Rauen nun zu befürchten?

Dass die extreme Rechte in Deutschland auch Immobilien besitzt, ist nichts Neues. Auch in anderen ländlichen Regionen gibt es solche Zentren. Wenn in Rauen tatsächlich irgendwann eine rechtsextreme Bildungsstätte eröffnet wird, müssen die Bürger eventuell mit Nebenwirkungen rechnen. Denn die Rechtsextremen müssen das Gelände sichern. Da bietet es sich an, kräftige junge Männer aus dem politischen Umfeld der NPD einzusetzen. Das dürfte für die Einwohner nicht unbedingt angenehm werden.

INTERVIEW: ASTRID GEISLER

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