Bürgerbeteiligung: Wunschliste vorgestellt

Im Planungsprozess um das Esso-Areal haben die Streithähne von einst einen Kompromiss gefunden. Das Ergebnis stellten sie am Montag der Öffentlichkeit vor.

Ein Lego-Modell zum Testen und eine Anleitung zum Ideensammeln an der Wand: Planbude von innen- Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Bezirk Mitte, die Bayrische Hausbau GmbH und die Planbude sind sich über die grundlegenden Bausteine des zukünftigen Esso-Areals einig geworden. In wochenlangen Verhandlungen im Projektrat, dem Gremium, in dem alle drei Interessenparteien vertreten sind, haben sie über einen Ausschreibungstext verhandelt, der die Grundlage für den bevorstehende Architektenwettbewerb darstellt. Dessen Eckpunkte haben sie am Montag der Öffentlichkeit vorgestellt.

Mit dem Ergebnis zeigten sich alle drei Seiten zufrieden: Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) sprach von einem „außerordentlichen Erfolg“: Zum ersten Mal werde man mit einem Neubau auf St. Pauli nicht zu Verdrängungsprozessen beitragen, sondern ihnen entgegenwirken, versprach er.

Renée Tribble von der Planbude nannte das Projekt einen „neuen Maßstab für eine Stadtentwicklung, die auf dem Wissen vieler beruht“. Die Planbude hatte in einem aufwendigen Beteiligungsverfahren AnwohnerInnen sechs Monate lang auf ihre Wünsche und Vorstellungen zur Neubebauung des Esso-Areals befragt: Über 2.000 Menschen füllten einen Fragebogen aus, zeichneten oder entwarfen Modelle aus Knetmasse oder Lego-Bausteinen. Die Aufgabe des Planbuden-Teams, das sich aus ArchitektInnen, KünstlerInnen und SozialarbeiterInnen aus St. Pauli zusammensetzt, ist es, Ideen auszuwerten und diese in die Verhandlungen mit Eigentümerin und Bezirk einzubringen.

Herausgekommen ist eine kleinteilige Mischung aus Wohnraum, öffentlich zugänglichen Aufenthaltsplätzen und „kiezaffinen“ Gewerbeflächen. Geschäfte für die Nahversorgung sollen ebenso Platz finden wie eine Stadtteilkantine, ein 24-Stunden-Shop, ein Platz für den Stadtteil, soziale Einrichtungen und Räume für subkulturelle Nutzung und Konzerte. Neben dem Molotow Club wurden dem Rock’n’Roll Hotel Kogge und der Kreativ-Werkstatt „Fablab“ Räume in Aussicht gestellt.

"Konflikthaft" nannte Mittes Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) die Historie der Esso-Häuser.

1959 baute der Erbpächter Ernst Schütze zwei siebenstöckige Häuser auf dem Areal am Spielbudenplatz. Auch eine Tankstelle zog ein.

2009 kaufte die Bayrische Hausbau GmbH das Gelände für geschätzte 18,9 Millionen Euro. Sie kündigte den Abriss mit anschließendem Neubau an.

Für den Erhalt der Gebäude und deren Sanierung setzte sich die Initiative Esso-Häuser ein. Der Streit um Abriss oder Erhalt machte das Ensemble überregional bekannt.

Eines Nachts evakuieren ließ der Investor die Häuser 2013 - nachdem Wände gewackelt hatten.

Abgerissen worden sind die Häuser im Mai 2014. Seitdem liegt die Fläche brach.

Die Hälfte des 6.190 Quadratmeter großen Areals ist als Wohnraum gedacht: 14.800 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sollen entstehen, davon 58,5 Prozent als öffentlich geförderte, der Rest als frei finanzierte Mietwohnungen. Eigentumswohnungen sind nicht vorgesehen. „Ein schmerzliches Zugeständnis“ von Seiten der Bayrischen Hausbau GmbH, wie deren Sprecher Bernhard Taubenberger einräumte. Die Mischkonstellation sei keine, die ihn „johlen und klatschen“ ließe, aber eine, mit der das Unternehmen leben könne. Einen Ausgleich in der Bilanz der Bayrische Hausbau verspricht er sich vom geplanten Hotel: 6.000 Quadratmetern Fläche sind dafür an der Seite zum Spielbudenplatz hin geplant. Das Hotel soll von einem individuellen Betreiber geführt werden, nicht von einer Kette.

Die Initiative Esso-Häuser, die sich für die Belange der ehemaligen BewohnerInnen auf dem Gelände einsetzt, bemängelte die enorme Verdichtung: Im Vergleich zu vorher wird Baudichte auf das Dreifache steigen.

Ganz in trockenen Tüchern ist das am Montag vorgestellte Konzept noch nicht – die Kommunalpolitik muss es noch absegnen. Anfang Juni soll der Text dann an die Architekturbüros geschickt werden, die sich um die Umsetzung bewerben werden.

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