Loyalität, Kommerz und Kiezkultur: Hamburger Streit um bewegte Bilder

Fürs Stadion-Freiluftkino kooperiert der FC St. Pauli mit einem neuen Betreiber – und handelt sich eine Debatte ein.

Wenn Leinwand nicht gleich Leinwand ist: Mancher Filmfreund könnte das Millerntorstadion in diesem Sommer meiden. Bild: Claudia Höhne

HAMBURG taz | Wer in diesem Jahr Filme in Stadionatmosphäre genießen will, muss sich auf Änderungen gefasst machen. Ein neuer Betreiber ist am Werk und bringt – manche sagen: erstmals – kommerzielle Interessen mit ans Millerntor. Im Stadtteil St. Pauli regt sich dagegen Widerstand.

Als der FC St. Pauli 2003 vor dem Bankrott gerettet werden musste, geschah das unter anderem durch die vom 3001-Kino initiierten Filmnächte am Millerntor. Seither hat sich das jährliche Sommerkino am Millerntor im Hamburger Kinokalender etabliert. In diesem Sommer ist damit Schluss – zumindest für das 3001. Den Betrieb des Sommerkinos übernimmt erstmals die Outdoor Cine GmbH unter der Leitung von Dirk Evers. Bisher hat sich das Unternehmen vor allem durch die Organisation des beliebten Open-Air-Kinos im Schanzenpark hervorgetan.

Im Stadtteil, aber auch in Reihen der St. Pauli-Fans werden dem sonst betont wenig kommerziell auftretenden Verein nun fehlende Loyalität mit dem einstigen Mit-Retter und rein profitorientiertes Handeln vorgeworfen. Vorausgegangen war dem Wechsel eine Anfrage des FC St. Pauli an beide Kinobetreiber. Aufgrund seiner sowohl sportlich als auch jetzt wieder finanziell angespannten Situation sah sich der FC gezwungen, die Erträge zu steigern.

„Nachvollziehbares Vorgehen“

Vereinssprecher Christoph Pieper sagt, man hätte gerne weiterhin mit dem 3001 kooperiert – wenn beide Betreiber ähnliche Angebote gemacht hätten. Nun aber habe Outdoor Cine ein deutliche Mehreinnahmen versprechendes Angebot vorgelegt, das 3001 dagegen habe nicht mitziehen wollen, und so sei es zur Entscheidung für den neuen Veranstalter gekommen.

Pieper begründet dieses „völlig nachvollziehbare Vorgehen“ mit der Verantwortung, die der Verein gegenüber den eigenen Beschäftigten habe. Da der FC St. Pauli noch in die 3. Bundesliga absteigen könnte, müsse er mit großen finanziellen Einbußen für die nächste Saison rechnen. Alleine die Fernseheinnahmen würden im Falle des Abstiegs um 90 Prozent sinken, statt mit acht Millionen Euro wäre nur noch mit 750.000 Euro zu rechnen. Da drohten sogar Entlassungen.

Das 3001-Kino selbst, in Person von Teilhaber Carl Schröder, macht dem Verein keinen Vorwurf. Man wolle die Kommerzialisierung der Filmnächte allerdings nicht mittragen. Deshalb habe man von Seiten des Kinos kein verbessertes Angebot gemacht. Der Verlust der Kooperation stelle kein finanzielles Desaster dar, man müsse aber das entstandene Sommerloch füllen, so Schröder. Eine alternative Veranstaltung sei nicht in Sicht.

Unglücklich verlaufen ist in jedem Fall die Kommunikation seitens des FC St. Pauli. Zwar habe man das 3001 persönlich über den neuen Anbieter informiert, sagt Sprecher Pieper, es dann aber versäumt, eine bereits formulierte Antwort an das Kino abzuschicken. Dafür habe sich der Verein entschuldigt.

Ermäßigte Karten werden teurer

Doch was ändert sich an den Filmnächten selbst? Das Programm bleibt laut Outdoor Cine ähnlich wie in den Vorjahren, orientiert sich also weiterhin abseits des Mainstreams: Programmkino, jüngere deutsche Produktionen, Filmklassiker. Zwar bleibt der reguläre Eintrittspreis gleich, acht Euro, ein ermäßigtes Ticket allerdings kostet statt fünf künftig sieben Euro.

Interessant dürfte sein, dass das Programm von bisher zwei auf vier Wochen ausgebaut wurde und daher auch noch nach dem Liga-Saisonstart im August Filme gezeigt werden. „Mit dem Saisonbeginn ist der Sommer noch nicht vorbei“, meint Dirk Evers von Outdoor Cine. Einzig mit der in den Programmheften und vor den Filmen gezeigten Werbung müssen sich die Zuschauer nun abfinden. Die sei nötig, so Evers, damit mehr Geld beim FC St. Pauli lande.

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