Bremer Frauenfußball wird erstklassig: Ein Stück von der Herrentorte

Werder Bremens Frauen spielen in der nächsten Saison erstklassig. Ein Novum in der Vereinsgeschichte, das neue Anforderungen mit sich bringt.

In Bremen schon lange ein Thema: die Geschlechterfrage im Fußball. Foto: (dpa)

BREMEN taz | Es läuft bei Werder Bremens Fußballerinnen. Das haben zuletzt am vergangenen Samstag die Nachwuchs-Spielerinnen der U17-Auswahl mit der Vizemeisterschaft gezeigt. Im Finale waren sie dem Favoriten Turbine Potsdam zwar mit 1:3 unterlegen. Die Zukunft des Frauenfußballs in Bremen scheint jedoch rosig zu sein.

Werders erstem Team war bereits zwei Wochen zuvor der Aufstieg in die erste Bundesliga gelungen. Nach sechs Jahren in der Zweiten Bundesliga Nord reichte den Bremerinnen dafür die Vize-Meisterschaft, die sie durch einen 4:0-Auswärtssieg bei Holstein Kiel eingetütet hatten. Die eigentlichen Meisterinnen vom 1. FC Lübars, einem Berliner Vorortklub, hängen am finanziellen Tropf von Hertha BSC. Und der Hauptstadtklub weigert sich, die Kosten für die erste Liga zu übernehmen. Die Bremerinnen rückten nach.

Werder hatte in der Vergangenheit ebenfalls schon auf die Beantragung einer Erstliga-Lizenz verzichtet, fühlt sich aber inzwischen größeren Aufgaben gewachsen. Nun freut man sich auf Besuche der Meisterinnen von Bayern München und der Champions-League-Siegerinnen des 1. FFC Frankfurt.

Mit denen kann Werder jedoch sportlich und finanziell nur bedingt konkurrieren. „Die erste Liga ist eine Mammutaufgabe“, sagt Trainerin Chadia Freyhat. „Wir spielen vom ersten bis zum letzten Tag gegen den Abstieg.“ Was Werder der wirtschaftlichen Potenz der etablierten Klubs entgegenzusetzen hat? „Geilen Teamspirit.“

Den bewiesen Werders Kickerinnen um Torschützenkönigin Cindy König (18 Treffer) zuletzt beim Saisonfinale mit einem 4:0-Heimerfolg gegen den BV Cloppenburg vor immerhin 900 ZuschauerInnen. Fast wären sie sogar noch Meisterinnen geworden. Doch Lübars feierte nach einem 1:0-Rückstand zur Pause letztlich noch einen 1:3-Auswärtssieg beim FFV Leipzig, der zur Verteidigung der Tabellenführung reichte. Den Werderanerinnen kann es egal sein, sie hatten den Aufstieg ohnehin schon eine Woche zuvor gefeiert.

An die Erstklassigkeit knüpfen sich eine Reihe neuer Bedingungen für Werder Bremen: Der bisherige Austragungsort Platz 12 ist nicht erstligatauglich, in der nächsten Saison soll sich daher Werders U23 der Herren den größeren Platz 11 mit den Fußballerinnen teilen.

Dazu kommen höhere Kosten: Neben längeren Reisen in der ersten Bundesliga läuft die Suche nach einer Vollzeit-Trainerin. Die ist in der Bundesliga obligatorisch. Noch-Trainerin Freyhat bekommt wie die Spielerinnen von Werder bislang ein „besseres Taschengeld“, wie die Leiterin Frauenfußball Birte Brüggemann sagt. Und Freyhat will ihren Beruf als Soldatin nicht aufgeben.

„Wir müssen jetzt mehr abbekommen vom Kuchen des Männerfußballs“, sagt Brüggemann. „Das ist natürlich ein hochsensibles Thema. Aber bis jetzt stehen alle dahinter. Das mit dem Platz 11 der U23 kriegen wir auf jeden Fall hin.“

Ein DFB-Mitarbeiter, der mit dem Zulassungsverfahren vertraut ist, schätzt die Kosten des Spielbetriebs einer Saison in der Frauen-Bundesliga auf minimal 400.000 bis 500.000 Euro. Aus TV- und Sponsorengeldern seien etwa 280.000 Euro zu erwarten. Den Rest muss der Klub nun stemmen. Zum Vergleich: Die Lizenzspielerabteilung der Werder-Herren kostete 2013/14 etwa 35 Millionen Euro.

Dennoch ist die Finanzierung der Bremer Frauen keine Selbstverständlichkeit. Viele Klubs lassen ihre Frauenteams aus Kostengründen hängen. Der Hamburger SV hatte seinen Kickerinnen, die über Jahre erfolgreich erstklassig gespielt hatten, 2012 einfach den Geldhahn zugedreht. Die für den Spielbetrieb fehlenden 100.000 Euro wollte der Verein anderweitig verwenden. Die HSV-Frauen dümpeln seitdem in der Regionalliga Nord.

Dass die Werder-Frauen aufsteigen dürfen, ist nicht selbstverständlich: Der Tabellenerste 1. FC Lübars musste verzichten und auch Werder hatte in der Vergangenheit schon mal den Aufstieg sausen lassen. Der HSV wickelte seine erfolgreichen Bundesliga-Frauen vor drei Jahren sogar wegen einer Etatlücke von 100.000 Euro ab.

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