HSV bleibt in der 1. Liga: Jetzt keine Uhr-Witze

In der Relegation gegen den Karlsruher SC schafft der Hamburger SV mit viel Glück den Klassenerhalt. Umstritten war eine spielentscheidende Szene.

Der Fußball-Spieler Pierre-Michel Lasogga mit Megafon

„Immer erste Liga.“ Pierre-Michel Lasogga nach dem Spiel Foto: ap

KARLSRUHE dpa | HSV-Retter Bruno Labbadia stürmte völlig durchgeschwitzt auf seine Spieler zu und umarmte jeden, der ihm in den Weg kam. Pierre-Michel Lasogga brüllte „Immer erste Liga“ in ein Megafon und René Adler fühlte sich „um drei Jahre gealtert“.

Nach einem dramatischen 2:1 (1:1,0:0)-Sieg nach Verlängerung beim Karlsruher SC hat der Hamburger SV das Horrorszenario 2. Liga doch noch abgewendet und den Klassenverbleib geschafft. Bis zur 90. Minute führte der KSC am Montagabend mit 1:0, die Aufstiegs-Shirts lagen bereits neben der Bank parat.

Doch dann schoss Marcelo Diaz (90.+1) mit seinem ersten Pflichtspieltor für den HSV das Bundesliga-Gründungsmitglied in die Verlängerung. In der 115. Minute zerstörte der eingewechselte Nicolai Müller mit seinem Treffer die Karlsruher Erstliga-Träume. Kurz vor Schluss parierte HSV-Keeper René Adler noch einen Strafstoß von Rouwen Hennings (120.+2).

„Das ist ein unglaubliches Glücksgefühl“, sagte Labbadia aufgekratzt im TV-Sender Sky. „Es ist schwer, das alles in Worte zu fassen. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Was sie unter dem Druck geleistet hat, ist gigantisch“, betonte der Coach, der erst am 15. April seinen Retter-Job angetreten hatte.

„Extrem bitterer Tag“

„Das ist unglaublich für den ganzen Verein, die ganze Stadt“, sagte Kapitän Rafael van der Vaart. Der Karlsruher Sportdirektor Jens Todt sprach von einem „extrem bitteren Tag“ und kritisierte die Entscheidung von Schiedsrichter Manuel Gräfe (Berlin), der vor Diaz' direkt verwandeltem Freistoß ein umstrittenes Handspiel von Jonas Meffert gepfiffen hatte. „Den Freistoß darf man nicht geben, das ist absoluter Wahnsinn“, sagte Todt. „Vor allem für die Spieler ist das eine Riesenenttäuschung“, sagte KSC-Trainer Markus Kauczinski. Über den Freistoß sagte er: „Er dreht sich weg, das kann man mit der Regel nicht erklären, keine Ahnung, was er da gepfiffen hat.“

Vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw gelang den Norddeutschen damit wie schon im Vorjahr nach einer völlig verkorksten Saison die späte Rettung. Der sechs Minuten vorher eingewechselte Reinhold Yabo hatte mit seinem Treffer in der 78. Minute die Badener 1:0 in Führung geschossen und nach dem 1:1 im Hinspiel das mit 27.986 Zuschauern ausverkaufte Wildpark-Stadion kurzzeitig euphorisiert.

Nach dem Last-Minute-Schock in der regulären Spielzeit versuchte der KSC in den zusätzlichen 30 Minuten noch einmal alles, doch trotz der lautstarken Unterstützung von den Rängen reichte es nicht mehr zum sechsten Erstliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte.

Taktgeber van der Vaart

Die ganz in Rot gekleideten Hamburger starteten aggressiv und angriffslustig in die Partie, die als „Hochrisiko-Spiel“ eingestuft und aus Sicherheitsgründen von 20.30 Uhr auf 19.00 Uhr vorverlegt worden war. Vor allem van der Vaart wollte sich in seinem letzten Spiel für den HSV offensichtlich ansprechend verabschieden. Der Niederländer war Takt- und Ideengeber für die Hamburger.

Die Gäste gaben zunächst den Ton an und vermittelten im Gegensatz zu manchem Spiel in der abgelaufenen Saison endlich einmal den Eindruck, als Team aufzutreten. Die Offensivkräfte Ivo Ilicevic, Ivica Olic und Pierre-Michel Lasogga sorgten für Gefahr. Die Badener agierten zunächst abwartend und auf Konter. Kurz vor dem Wechsel setzte Daniel Gordon einen Kopfball zu hoch an – es blieb beim 0:0.

„Wir sollten irgendwann mal ein Tor schießen“

„Wir sind gut im Spiel, aber klar ist auch: Wir sollten irgendwann mal ein Tor schießen“, sagte der gesperrte HSV-Verteidiger Heiko Westermann zur Pause im TV-Sender Sky. Seine Mannschaftskollegen versuchten auch nach dem Wechsel, das Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Angetrieben von den unentwegt singenden Fans wurden aber auch die Karlsruher nach dem Wechsel mutiger. Nach einer guten Stunde vergab Gordon die bis dato beste Möglichkeit des KSC, als er aus kurzer Distanz eine scharfe Hereingabe von Enrico Valentini nur knapp verpasste (63.). Nach einem gefährlichen Kopfball von Lasogga (77.) schlug auf der Gegenseite der für Yamada eingewechselte Yabo zu und sorgte für Party-Stimmung im altehrwürdigen Wildpark.

Schon fünf Minuten vor dem Abpfiff wurden die Aufstiegs-Shirts in Pappkartons zur Ersatzbank gebracht – dann aber ging es in die Verlängerung, und am Ende eines bitteren Abends für den KSC wurden sie dann nicht mehr ausgepackt.

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