Korrupte Hilfe in Italien: Die Mafia im Flüchtlingsgeschäft

Politiker und Geschäftsleute sollen sich bei der Vergabe von Flüchtlingsunterkünften bereichert haben. Sie wurden nun festgenommen.

Flüchtlinge besteigen ein Boot, das sie nach Italien bringen soll

Mit der Rettung dieser Menschen machen andere in Italien ein dickes Geschäft. Foto: dpa

ROM taz | Die Justiz hat am Donnerstagmorgen zum zweiten Schlag gegen die „Mafia Capitale“ in Rom ausgeholt. Die Polizei nahm 44 Personen fest, die zum Ring aus rechtsextremistischen Verbrechern, linken Genossenschaftsbossen, Politikern und Verwaltungsangestellten gehören.

Insgesamt fünf Stadträte Roms, unter ihnen der frühere Dezernent fürs Wohnungswesen der Stadt und der frühere Präsident des Stadtrats, befinden sich unter den Festgenommenen. Die Vorwürfe gegen das Kartell aus Unter-, Ober- und Halbwelt lauten auf Bildung einer mafiösen Vereinigung, Bestechung, Manipulation öffentlicher Auftragsvergaben und Unterschlagung.

Das „Mafia Capitale“-Netzwerk hatte einen ersten Schlag im Dezember 2014 erhalten; damals wurden 37 Personen verhaftet, unter ihnen der rechtsextreme Massimo Carminati, seit Jahrzehnten eine Größe in Roms Unterwelt, und der von der Linken kommende Salvatore Buzzi, Chef eines Genossenschaftskonsortiums. Carminati und Buzzi drehten ein großes Rad vor allem bei der Unterbringung von Flüchtlingen.

Deren Unterkünfte waren meist miserabel; so blieb genug Geld – pro Kopf zahlt der Staat 35 Euro täglich für Unterbringung und Verpflegung – um einerseits satte Profite einzustreichen und andererseits Politiker und Verwaltungsmitarbeiter üppig zu schmieren. So erhielt der am Donnerstag ebenfalls verhaftete Luca Odevaine, Mitglied der für die Zuweisung der Flüchtlinge zuständigen zentralen Kommission beim Innenministerium, ein Zweit-"Gehalt“ von zunächst 10.000, dann 20.000 Euro pro Monat. Insgesamt standen dutzende Vertreter von Politik und Verwaltung auf der Pay roll von „Mafia Capitale“.

„Den hab‘ ich mir gekauft“

Im Visier der Mafia waren öffentliche Aufträge aller Art, von der Pflege der Grünflächen über den Bau von Radwegen bis zur Strandreinigung in Ostia. Sobald etwas bei der Auftragsvergabe hakte, brachte Buzzi sein Geschäftsmodell in Telefonaten mit Politikern immer wieder gern auf den einen Punkt: „Wenn man eine Kuh melken will, muss man sie ordentlich füttern.“

Verhaftet wurden jetzt auch der zu Matteo Renzis Partito Democratico (PD) gehörende Mirko Coratti und dessen persönlicher Sekretär. Coratti war im Dezember wegen der Ermittlungen als Präsident des Stadtrats zurückgetreten. Ihm werfen die Staatsanwälte vor, 10.000 Euro kassiert und eine Zusage über weitere 150.000 Euro erhalten zu haben.

„Den hab‘ ich mir gekauft“, erklärte Buzzi offen am Telefon. „Ganz Rom“ werde sein krimineller Ring verspeisen, gab der Genossenschaftschef sich sicher. Auf der Liste der Verhafteten finden sich in der Tat prominente Vertreter des Berlusconi-Lagers genauso wie Lokalpolitiker der Regierungspartei PD, die seit 2013 die Stadt Rom regieren.

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